Schild der actio spes unica
actio spes unica Pfarrer Milch St. Athanasius Bildungswerk Aktuell
1. Monatsbrief zum Evangelium
Erster Adventssonntag (1. Dezember 2002): Lk 21:25-33.

Die Erinnerung an die erste Ankunft des Herrn wurde schon vor Gregor dem Grossen mit dem Blick auf Seine zweite Ankunft am Weltende verbunden zu einer Vorbereitung auf das Weihnachtsfest. Bis Gregor VII hatte der Advent fünf Sonntage, in Mailand heute noch sechs, was in der Lesung vom 23. und dem Evangelium vom 24. Sonntag nach Pfingsten sichtbar bleibt. Wenngleich im stadtrömischen Ritus der eigentliche Advent mit Johannes dem Täufer (Evangelium vom 2. Sonntag) begann (wie in der Homiliensammlung von Gregor noch sichtbar), so wurde ursprünglich die Vorbereitung auf das grosse Fest der Geburt Christi durch ein 42-tägiges Fasten am 11. November (Martini) begonnen. So greifen Weltende und Erlösungsanfang ineinander über und verschmelzen zu einem weiteren Zeugnis der Bedeutungslosigkeit der Zeit vor Gott, was auch in dem Wort Christi deutlich wird: "Dieses Geschlecht wird nicht vergehen, bis sich alles erfüllt."

Schon oft war dieser Satz, der bei Matthäus fast genauso lautet, ein Stein des Anstosses: Man vermutete in ihm ein Nichtwissen – oder gar einen Irrtum – Christi zu erkennen, wie es charakteristisch ist für die Modernisten, die hier nur eine Dummheit der Agnoëten, die Gregor der Grosse als Häretiker bezeichnet hatte, widerspenstig nachbeten. Wenngleich, wie Gregor sagt, dieses Wissen Christi nicht aus Seiner menschlichen, sondern Seiner göttlichen Natur kommt, so schliesst auch die Einheit der beiden Naturen in der einen Person Jesu jegliches positives Nichtwissen aus, was die Kirche auch als gesichert lehrt. Augustinus stellt fest, dass es eben nicht zur Lehraufgabe Christi gehörte, diesen Tag uns mittzuteilen.

Die Äusserung Christi ist in zweifacher Hinsicht zu sehen: Zunächst ist generatio haec, dieses Geschlecht, auch die Menschheit, die wohl bis zum Jüngsten Gericht vorhanden sein wird. Weiterhin spricht Christus über den Beginn der Vorzeichen Seiner Wiederkunft, wozu seit alter Zeit die Zerstörung Jerusalems gezählt wird. Dass dies so zu interpretieren ist, zeigt Christus, indem er den Jüngern versichert, dass sie Seine Wiederkunft nicht erleben werden (Mt. 12:41, Lk. 17:22).

Wann wird nun dieser Tag kommen? "Jenen Tag aber und die Stunde kennt niemand" (Mk. 13:32; Mt. 24:36). Wohl wissen wir aber, wann er nicht kommt, denn bestimmte Prophezeiungen müssen vorher erfüllt werden:

Einige dieser Vorzeichen wie der Glaubensabfall (Mt. 24:4 ff.) und Umwälzungen in der Menschheit und Katastrophen (Mt. 24; Mk. 13; Lk. 21) haben bereits begonnen, aber die meisten sind noch ausständig:

  1. Die Verkündigung des Evangeliums bei allen Völkern der Erde (Mt. 24:14; Mk. 13:10).
  2. Die Bekehrung des jüdischen Volkes (Rö. 11).
  3. Die Wiederkehr von Henoch und Elias (Mt. 17:11; Apk.)
  4. Das Auftreten des Antichrists (2 Thess. 2; 1 Jo. 2:18,22; etc.)
  5. Die Weihe Russlands an das Unbefleckte Herz und die darauffolgende Bekehrung Russlands und die Periode des Friedens, die kommen werden, wenngleich es "spät sein" wird (Fatima).

Entsprechend der Neugierde und der Selbstüberschätzung der Menschen, hat es schon tausende von "ganz sicheren Voraussagen" des Weltunterganges gegeben, so wieder vor kurzem bei gleich mehreren der ebenfalls tausenden von angeblichen "Marienerscheinungen", "Botschaften" und natürlich im Zusammenhange mit jener mathematischen – vom Papst geteilten – Absurdität, dass das ZWANZIGSTE Jahrhundert von NEUNZEHNhundert bis NEUNZEHNhundertneunundneunzig gedauert hätte. Ganz auf diesem Niveau sind alle derartigen Einbildungen zu sehen.

"Jenen Tag aber und die Stunde kennt niemand, auch nicht die Engel im Himmel und auch nicht der Sohn, sondern nur der Vater" (Mk. 13:32).

Der heilige Gregor der Grosse muss uns auch in diesem Punkt als Beispiel dienen: Papst von 590 bis 604, war er Zeuge grosser Katastrophen in Rom, Überschwemmungen des Tiber, Hungersnöte, Seuchen und anderer. Persönlich war er überzeugt, er würde das Weltende als regierender Papst erleben. Ein weniger heiliger Papst hätte seine Handlungsweise dadurch beeinflussen lassen, nicht aber Gregor: Er bereitete die ihm anvertraute Kirche auf die kommenden Jahrhunderte vor, nicht nur durch seine vielfachen Reformen und Gesetzgebungen, sondern auch durch seine unermüdliche Lehrtätigkeit, in der kaum eine Spur dieses seines Irrtumes nachzuweisen ist. Im Gegenteil: Er reformierte nicht nur den Kirchengesang, sondern auch die Liturgie (Stationskirchen, Messtexte, etc.), kümmerte sich in fast prophetischer Weise um die Festigung der päpstlichen Autorität und die kirchliche Verwaltung, kämpfte gegen Simonie und Häresie (Donatisten, Nestorianer, Manichäer, Arianer), bekehrte die Langobarden, missionierte Spanien, Gallien und England und förderte das Mönchstum, um nur einiges zu nennen.

Aus seinem Leben ist klar zu erkennen, dass Gregor niemals aus Neugierde oder falscher Selbsteinschätzung die allerwichtigste Tatsache unseres ganzen Lebens vergessen hätte: das persönliche Gericht. Selbst WENN wir wüssten, wann genau das Jüngste Gericht stattfindet, wir wissen nicht, wann wir sterben. Aus dem Dogma der Kirche, dass die Seele nach dem Tod alsbald in das Fegfeuer, den Himmel oder die Hölle eingeht, folgt zwingend logisch die Existenz des persönlichen Gerichtes.

UM DIESES PERSÖNLICHE GERICHT MÜSSEN WIR UNS KÜMMERN, NICHT UM ETWAS WAS UNS GAR NICHTS ANGEHT! Gar nichts angeht? Ja! Gott will nicht, dass wir das Datum des Jüngsten Gerichtes kennen, also geht uns das nichts an, auch wenn tausend selbsternannte Seher es zu wissen scheinen. Der Teufel will doch nur, dass wir vor lauter Neugierde über Dinge, die uns nichts angehen, unser eigenes Gnadenleben vernachlässigen. Es wäre töricht, die Ewigkeit für das Wissen um das Ende der Zeiten zu verlieren. Gott will, dass wir Ihn lieben, dass wir uns für Ihn interessieren, Er will, dass wir Ihn immer mehr lieben, immer mehr über Ihn, Seine Schöpfung und Sein Erlösungswerk wissen, aber Er will den Wissensdurst, der aus der Liebe kommt, nicht die Neugierde, die nur Langeweile befriedigen kann.

"Himmel und Erde werden vergehen, Meine Worte aber werden nicht vergehen," so schliesst das heutige Evangelium. Mit diesem Satz ist alles gesagt. Wir gehören der Ewigkeit, nicht der Zeit, wir müssen aber in der Zeit die Worte Christi zu unserem Leben machen, um sie Himmel weiter vernehmen zu können. Denken wir daran, bevor dieser Advent wieder nur eine weltliche Vorbereitung auf die Festivitäten der Weihnacht wird.

Rev. DDr. Gregorius D. Hesse
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