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Geistliches Wort im August 2012

St. Martha

 

Während der Jahre, die der göttliche Heiland Wohltaten spendend über die Erde wanderte, sehen wir nach den Berichten der Heiligen Schrift auch einige fromme Frauen mit den Aposteln wetteifern in ihrer Liebe und Verehrung des göttlichen Erlösers. In inniger Hingabe des weiblichen Herzens, vereint mit edler, bescheidener Zurückhaltung, sehen wir diese Frauen ganz im Dienste der Liebe aufgehen. Sie streiten nicht wie die Apostel um den Vorrang, sie denken nicht an die Eroberung der großen, weiten Welt, nein, sie suchen und finden ihr Glück in der dienenden Liebe, die sie dem Heiland und seiner Apostel erweisen. So werden sie zu einem Vorbild für die Frauen aller Zeiten, zeigen gerade der heutigen Frauenwelt, worin die Eigenart weiblicher Frömmigkeit bestehen muß. In besonders schöner Weise steht das Idealbild weiblicher Frömmigkeit in dem Leben der hl. Martha vor uns.

Das stille Haus in Bethanien war ja für den Heiland eine wahre Heimat, gern kehrte er dort nach mühevollen Wanderungen ein, ließ sich die treue Liebe der Geschwister gefallen und lohnte sie reich mit seinen göttlichen Lehren und Gnaden. Was waren das für die hl. Martha und ihre Geschwister für unvergeßliche Gnadenstunden, wenn der geliebte Meister ins Haus eintrat, an ihrem Tische niedersaß, von ihren Speisen aß, wenn sie zu seinen Füßen sitzen, seine göttliche Stimme hören durften! So mußte sich Marthas Frömmigkeit in unmittelbarer Nähe des Heilandes zu herrlicher Blüte entfalten, im vertrauten Verkehr mit dem göttlichen Meister mußte sie die rechten Wege der Gottesliebe finden. Deshalb soll es für uns heute eine Freude sein, von ihr zu lernen, von ihr, die in der Schule des Meisters zur Heiligen heranwuchs.

Wenn wir an die hl. Martha denken, steigt meist das rührende Bild vor uns auf, das uns die Heilige Schrift von ihrer vielbeschäftigten Sorge um den Heiland malt. Wir sehen sie im Hause umhereilen, eifrig bemüht, alles Schöne und Angenehme zu bieten, was Haus und Garten zu geben vermögen. Die Liebe klingt aus ihrer Stimme, als sie die Schwester tadelt, weil sie so untätig zu den Füßen des Meisters sitzt. Doch noch ein anderes Bild hat uns die Hl. Schrift aus dem Leben der hl. Martha aufgezeichnet, ein Bild, das uns viel tiefer in ihre heilige Seele schauen läßt: Es ist die Begegnung mit dem Heiland am Grabe des Bruders. Der Schmerz hat gleichsam ihr Inneres erschlossen, und so kommt es, daß ihre Worte am Grabe des Lazarus, so kurz und schlicht sie sind, uns das schönste Bild dieser heiligen Frau geben. Diese Worte zeigen uns nämlich das Fundament, auf dem ihre Heiligkeit sich aufbaute, zeigen uns die Quelle, aus der ihre Frömmigkeit Kraft und Leben schöpfte: Sie zeigen uns ihren starken Glauben an Jesus, den göttlichen Meister! Auch heute noch muß der Glaube Fundament und Quelle unseres religiösen Lebens sein, auch heute noch ist jede Tugend halt- und kraftlos, die nicht auf dem Felsenboden eines starken Glaubens aufgebaut ist. Ja, heute ist es mehr denn je heilsam, uns an die Notwendigkeit eines starken Glaubens zu erinnern, heute, wo so viele falsche Propheten zur Gleichgültigkeit im Glauben aufrufen, wo ein ungläubiger Zeitgeist alle Menschen mehr oder weniger beieinflußt. Da soll die hl. Martha uns heute als die glaubensstarke Frau vor Augen treten, soll uns zeigen

  1. ihre Glaubensstärke
  2. ihren Glaubenseifer

1. Die Glaubensstärke der hl. Martha.

Das Leid war, wie im Leben aller Menschen, so auch im Leben der hl. Martha der Prüfstein des Glaubens. Gewiß war ihr der Glaube leicht gemacht, sie sah ja den göttlichen Heiland so oft von Angesicht zu Angesicht, hörte die Frohbotschaft aus seinem eigenen Munde, und die zahlreichen Wunder waren ihr unzweifelhaft bekannt. Doch auch für ihren Glauben schlug die Prüfungsstunde. Ihr Bruder Lazarus liegt zum Tode erkrankt darnieder. Alle Hoffnung, ihn am Leben zu erhalten, sinkt. Nur einer kann noch helfen, so sagen sich die besorgten Schwestern, und sie schicken eilig einen Boten zum Heiland mit der Meldung: "Herr, den du liebhast, der ist krank." Klingt diese Botschaft nicht ergreifend? Sie bitten und betteln nicht, und doch: wieviel unerschütterliches Gottvertrauen liegt in ihren Worten, wieviel fester Glaube an seine Allmacht und Liebe! Nun warten sie, warten – Stunden vergehen, der Tag geht zu Ende, ihr Bruder liegt in den letzten Zügen. Dann tritt das Entsetzliche ein: Lazarus stirbt, bevor der Meister kommt. Vier Tage liegt er bereits im Grabe, als Jesus in Bethanien eintrifft. Martha geht dem Meister entgegen, und als sie vor ihm steht, da spricht sie, die Augen von Tränen gerötet, ein herrliches Wort, ein Wort voll tiefer Glaubensstärke: "Herr, wärest du hier gewesen, so wäre mein Bruder nicht gestorben, aber auch jetzt weiß ich, daß Gott dir alles gewährt, worum du ihn bittest." Das ist ein glaubensstarkes Wort! Dieses "aber auch jetzt" ist der Sieg des Glaubens über das Leid! Aus diesem "aber auch jetzt" klingt der Glaube, der Berge versetzt und die Welt überwindet! Martha denkt dabei nicht an das Wunder der Auferweckung. Selbst als jetzt der Heiland ihr von Auferstehung spricht, denkt sie nur an die Auferstehung des Jüngsten Tages. Und als der Heiland den Stein wegheben läßt, macht sie sogar den Einwand, er läge schon zu lange im Grabe. Nein, sie denkt an kein Wunder, sie will nur sagen: "Zwar hast du unsere Bitte nicht erhört, aber auch jetzt zweifle ich nicht an deiner Allmacht und Güte."

Das Leid ist der Prüfstein des Glaubens. Glauben und Gottvertrauen ist leicht, wenn alles nach Wunsch und Willen geht. Wenn aber unsere Gebete vergeblich sind, wenn wir hilflos am Schmerzenslager unserer Lieben stehen, wenn ein Grab sich schließt, in dem ein Stück unseres Herzens versunken ist, dann müssen wir die Feuerprobe des Glaubens bestehen. Die hl. Martha hat diese Probe bestanden, und sie hat uns das schöne Wort ihrer Glaubensstärke hinterlassen: "Aber auch jetzt glaube ich!" Diese Wort wollen wir uns tief in die Seele schreiben, und in schweren Stunden des Leidens wollen wir es ihr nachsprechen. Und wenn auch die Lippen zucken im Schmerz, es soll doch fest und zuversichtlich klingen: "Herr, wäre es dein heiliger Wille gewesen, so hätte mich dieses Leid nicht getroffen, aber auch jetzt fühle ich mich in deiner Liebe geborgen. Herr, dein Wille geschehe!"

2. Der Glaubenseifer der hl. Martha.

Wahre Glaubensstärke verbirgt sich nicht im Inneren der Seele, sondern greift schaffend, werbend, wirkend ins Leben ein. Wahre Glaubensstärke führt zum Glaubenseifer. Marthas Schwester Maria ist dem Heiland nicht entgegengegangen. Vielleicht hält der Schmerz sie zurück, vielleicht die Rücksicht auf die zahlreichen Trauergäste im Haus. Als nun Martha den Meister begrüßt und mit ihm über den Tod des Bruders gesprochen hat, da läßt ihr der Gedanke an die Schwester zu Hause keine Ruhe. Sie sitzt in Trauer und Verzweiflung und hat wohl mit dem geliebten Bruder alle Hoffnung begraben. Schnell eilt Martha zurück, und über die trauernde Schwester geneigt, sagt sie ihr leise das Wort: "Der Meister ist da und ruft dich!" Da ist es, als springe ein Funke aus dem glaubensstarken Herzen der hl. Martha in das trauernde Herz der Schwester. Sie erhebt sich rasch und eilt zu Jesus. Welch ein ergreifendes Bild, und welch ein schönes Wort! Der Meister ist da und ruft dich! Brennt nicht in diesem Wort der Glaubenseifer wie eine heilige Glut? Auch für dieses Wort wollen wir heute der hl. Martha danken, auch dieses Wort soll in unseren Herzen eingeschrieben bleiben. Wie vielfach ist doch die Not und die Verzweiflung, die uns umgibt! Wieviel bittere Tränen werden geweint, wieviel harte Not ertragen, ohne daß die Armen den Weg finden zu dem, der allein Trost und Hilfe geben kann! Soll da nicht auch in unseren Herzen der Glaubenseifer brennen, der das Herz der hl. Martha erfüllte? Zu so vielen unglücklichen Sündern und Kreuzträgern findet der Priester keinen Weg, und das Kreuz, das ihnen zum Heil sein sollte, wird ihnen zum Fluch. Geneigter Leser, hast du Glaubensstärke in deiner Seele, dann wirst du auch den Glaubenseifer finden, wirst wie die hl. Martha hineilen zum trauernden Bruder, zur trauernden Schwester und ihnen leise ins Ohr sagen: "Der Meister ist da und ruft dich!" Ja, glaube es nur, gerade jetzt in der Not, im Leide ist der Meister dir nahe, er will dich prüfen, läutern, bessern. Er ruft dich. Höre auf seine Stimme: Kommet alle zu mir, die ihr mühselig seid und beladen, ich will euch erquicken."

So steht die hl. Martha vor uns als die glaubensstarke, die glaubenseifrige Frau, als ein Vorbild, wie es gerade unserer glaubensschwachen Zeit heilsam und notwendig ist. Wir wollen von ihr lernen, stark zu sein im Glauben, wenn die Not uns ans eigene Herz greift, eifrig zu sein im Glauben, wenn fremde Not uns zur Hilfe mahnt. Damit wir aber dazu die Kraft haben, laßt uns wie die hl. Martha in die Schule des göttlichen Meisters gehen, zum Lehrmeister des starken, eifrigen Glaubens!

 

Abbé Busse
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