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Geistliches Wort im Dezember 2007
Schild der actio spes unica
 

Zum Heiligen Advent

 

Ohne sie voneinander zu trennen, unterscheidet die heilige Liturgie des Adventes eine zweifache Ankunft Christi. Die erste Ankunft, da der Sohn Gottes im Fleische auf Erden erschien, im Schoße der Jungfrau vom Heiligen Geiste empfangen. Derselbe Gottessohn, der vor 2000 Jahren in die Menschheit hereingeboren wurde, wird heute, wird morgen, wird im Laufe der Heilsgeschichte hier auf Erden, in die Kirche und in jede einzelne Seele hineingeboren und nimmt in ihr beständig Gestalt an. So ist die ganze gegenwärtige Erdenzeit für die Kirche als solche und für die Einzelseele die Zeit der ersten Ankunft des Herrn, ein Advent, eine Zeit der Erwartung, der Ausschau, des Verlangens, eine Zeit, in welcher Christus in uns Gestalt zu gewinnen, uns mit Seinem Geiste und mit Seinem Leben zu erfüllen und der Enderlösung, der zweiten Ankunft Christi entgegenzuführen hat. In der zweiten Ankunft, in der Wiederkunft am Jüngsten Tage, wird Er mit Macht kommen, Sein Erlöserwerk auf Erden abzuschließen und die Seinigen zur Teilnahme am vollendeten Heil, zum Genuß des ewigen Lebens heimzuholen.

Der tragende Gedanke des Adventes ist der Gedanke an die erste Ankunft Christi, d. i. an die durch die Ankunft des Sohnes Gottes vor nahezu 2000 Jahren begonnene und in der Kirche und in den Seelen stets weitergewirkte und weiterzuwirkende Erlösung. Diese erste, die ganze gegenwartige Weltzeit umfassende Ankunft Christi ist der heiligen Liturgie zugleich Vorbereitung, Einleitung und Vorspiel der zweiten Ankunft Christi und der ewigen Weihnacht im Himmel. Die erste Ankunft Christi in Gnaden zum Zweck der Erlösung ist der Meßliturgie zugleich Vergangenheit und gnadenvolle Gegenwart: der Herr kommt täglich in der Feier des Heiligen Meßopfers in Seine Kirche und in besonderer Weise durch den Empfang der hl. Kommunion in die Seelen. In der ersten Ankunft im Fleische sieht die Liturgie zugleich die Ankunft des Herrn in den Seelen, durch Opfer und Sakrarnent, mit. So ist die Ankunft Christi, der Advent, immerfort greifbare Gegenwart. Die heilige Liturgie führt uns zum Altare. Da "erwarten wir" voll Glauben und Sehnsucht in der Vormesse die Ankunft des Herrn, die in der heiligen Wandlung erfolgt. Die Liturgie der Heiligen Messe legt den Nachdruck sichtlich darauf, daß wir unsere Seele auf diese Ankunft des Herrn in der Heiligen Messe mit Eifer zubereiten. Daß wir unser Herz im heiligen Advent möglichst reinigen und heiligen und es zu einem des Herrn würdigen Bethlehem gestalten: durch Buße, Abtötung, Wachsamkeit, Gebet und Sammlung, in einem sehnsüchtigen Verlangen nach Entsündigung, nach Licht, Gnade, Erlösung.

Die erste Ankunft Christi ist der heiligen Liturgie Gegenwart auch insofern, als der an Weihnachten unter uns erstmals erschienene und in der Heiligen Meßfeier täglich neu erscheinende Herr ununterbrochen in Seiner Kirche weiterlebt und weiterwirkt, das Haupt in den Gliedern, der Weinstock in den Zweigen: in der Gesamtheit der Kirche, in ihrem sichtbaren Haupte, dem Papste, in den Bischöfen, im Priestertum, in jeder einzelnen Seele. Wir glauben an diese geheimnisvolle, gnadenvolle Nähe des Herrn; wir danken, wir bewundern, wir öffnen dem in Seiner Kirche und in uns wirkenden Erlöser unsern Geist und unser Herz, entsagen den Torheiten und Eitelkeiten des Erdenlebens und lassen uns ganz von Christus ergreifen, daß Er in uns geboren werde und Gestalt gewinne. "Ziehet den Herrn Jesus Christus an" (Epistel des ersten Adventsonntages).

Die Meßliturgie des Advents weist uns auf den Täufer in der Wüste, den Bußprediger und Wegebereiter und auf die Jungfrau von Nazareth hin: Wir sollen im heiligen Advent Johannes der Täufer, wir sollen die Jungfrau von Nazareth sein. "Tut Buße!" Wir wissen uns im Advent als Sünder; wir fühlen unsere Unerlöstheit, unsere Verderbtheit, Sündhaftigkeit, Unreinheit und Unwürdigkeit; wir fühlen es, daß wir aus uns nicht imstande sind, uns aus unserem sittlichen Elend, uns unserer Unwürdigkeit und Unheiligkeit herauszureißen, die Sünde zu meiden, die Triebe und Leidenschaften zu meistern und dem Geist zu unterwerfen. Wir brauchen den Erlöser und rufen im Bewustsein unserer Erlösungsbedürftigkeit: "Biete Deine Macht auf, Herr, und komm uns zu Hilfe." Wir gehen Ihm entgegen und ebnen, selber ein Johannes der Täufer geworden, dem kommenden Herrn den Weg in unsere Seele: durch Abtötung, Buße, Wachsamkeit, Gebet. Der Täufer ist uns Vorbild, Mahner, Führer. "Siehe die Jungfrau." Die in Demut, Glauben und ganzer Hingabe an den Wunsch und Willen des Allerhöchsten ihr "Fiat" spricht. "Und das Wort ist Fleisch geworden." Die große Kommunion der Jungfrau von Nazareth! Nun ist sie die Vermittlerin der Erlösung, Mittlerin aller Gnaden, die Ursache unserer Freude, die Gottesträgerin, die Bringerin des Heils. Maria ist der Liturgie der lebendige Advent: in Reinheit, in innigster Gottvereinigung, in heiligem Schweigen, in Gebet, in Gehorsam, in Erwartung, in Liebe. "Siehe die Jungfrau." Ein Vorbild, ein Symbol und Typus der Kirche und der christlichen Seele!

So erschließt der Advent unserm Beten und Sinnen eine reiche Welt von Tatsachen, Geheimnissen, Vorbildern, Typen, Gedanken und Anregungen. Sie sollen in uns den Adventsgeist pflanzen, pflegen, vertiefen und mehren. (cfr. Bauer)

 

Verbunden mit den besten Segenswünschen für einen besinnlichen Advent

Abbé Oliver E. Busse