Startseite Menü einblenden Übersicht: Rundbriefe 20.08.82 25.06.83 Drucken
Schild der actio spes unica

Gewisse Leute scheinen erst glücklich zu sein, wenn feststeht, daß dieser Papst Johannes Paul II. – Karol Wojtyla – gar kein Papst ist, daß der neue Ritus der Bischofsweihe die Gültigkeit ausschließt und somit zumindest nach und nach keine Bischöfe mehr da sein werden, daher auch keine gültig geweihten Priester und keine Sakramente, daß also jetzt schon infolge des Entzugs des Seinsfundamentes, der mit der Ungültigkeit der Weihesakramente – besser: des Weihesakraments, weil Diakonats-, Priester- und Bischofsweihe Entfaltungen des einen Sakramentes der Weihe sind – gegeben wäre, die offizielle Institution, die sich als römisch-katholische Kirche bezeichnet, mit der einen, heiligen, katholischen und apostolischen römischen Kirche nichts mehr zu tun hat. Die Kontinuität wäre zerrissen. Alle unter Assistenz eines dieser in sich unkatholischen Vereinigung zugehörigen Priesters geschlossenen Ehen wären keine Ehen, alle Absolutionen ungültig, alle Firmungen, Krankenölungen etc. etc. –

Ist das angesichts der Verheißung "portae inferi non praevalebunt" eine katholische Denkbarkeit? Nein.

Zu sagen, daß dann halt in Vereinigungen außerhalb der offiziell sich darstellenden Institution die katholische Kirche weiterlebe – nur in diesen Vereinigungen – ist eine an den Haaren herbeigezogene Selbstbeschwichtigung. Wenn es heißt: "Du bist der Petrus. Auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen, und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen...", so kann das nur so verstanden werden, daß die einzige römisch-katholische Kirche, zu deren Wesen es gehört, im Sinne einer rechtlich abgrenzbaren, kontinuierlichen Institution innerhalb der jeweiligen gesellschaftlichen Gegebenheiten sich rechtlich zu konstituieren und vertraglich zu arrangieren – daß diese katholische Kirche in ihrer weltweit sich identifizierenden, definierenden, rechtlich faßbaren und wahrnehmbaren Geschlossenheit nicht aufhört. Eine Zäsur in jenem der Welt vorgestellten und bekannten organisatorischen Gebilde, das sich in seinen räumlich und zeitlich fixierbaren Strukturen als katholische Kirche bezeichnet, sollte an irgendeinem Punkt x stattfinden können im Sinne einer negativen Transsubstantiation, welche dies Gebilde seines Seinsgrundes verlustig gehen läßt? Das wäre total und präzise gegen die Verheißung des Herrn an Simon, den ersten Petrus. – Einige scheinen im Ernst dem Wahn zu verfallen, es ließen sich Schlupflöcher finden, um dann noch die Unbesiegbarkeit der Kirche zu 'retten'. In irgendeinem Verein in Posemuckel würde sie dann 'weiterleben' und dem siegreichen Fürsten dieser Welt von Hintertupfingen aus eine lange Nase ziehen. –

Lassen Sie mich hier die päpstliche Unfehlbarkeit zwischendurch angehen. Stereotyp wird behauptet, die Unfehlbarkeit des Papstes erstrecke sich auf die Ausübung des ordentlichen Lehramtes. Das ordentliche Lehramt besteht in der Weitergabe der tradierten kirchlichen Offenbarungslehre und schließt – sofern es ausgeübt wird – die Unfehlbarkeit ex natura rei ein. Entweder wird es ausgeübt, dann ist es ex sese unfehlbar. Oder es wird nicht ausgeübt; dann ist die Unfehlbarkeitsfrage müßig. Aber die Ausübung des außerordentlichen Lehramtes ist kein im Voraus allgemein erkennbarer, der allgemeinen Nachprüfung selbstverständlich zugänglicher Vorgang, der à priori der Unterscheidungskraft des mündigen katholischen Christen unterliegt, sondern eine Entscheidung angesichts vorhandener bzw. noch vorhandener Unsicherheit: Sie ist nicht die Wiederholung der allgemein bewußten necessaria, sondern die Verwandlung eines subjektiv verbreiteten dubium in ein allgemeines, unentrinnbares subjektives necessarium, die Erschließung einer bislang mehr oder weniger bewußten, objektiv mit der Offenbarung des Gottmenschen gegebenen Wahrheit. Nur hier kann das Unfehlbarkeitsdogma seinen Sinn haben. – Die Einführung eines neuen Meßordo ist keine Entscheidung in Glaubens- und Sittendingen, gehört nicht zum außerordentlichen Lehramt. Sie kann Ausübung des ordentlichen Lehramtes sein, insofern ihr die nachprüfbare Übereinstimmung mit der Tradition anhaftet, Andernfalls ist mit einer solchen Einführung die Nichtausübung signalisiert, wodurch ihr jeglicher Verpflichtungscharakter abgeht. Mit Unfehlbarkeit hat eine solche Maßnahme selbstredend nichts zu tun. –

Man überträgt, um auf die Frage der Kontinuität der Rechtsinstitution "Kirche" zurückzukommen, seitens gewisser Kreise bewußt oder unbewußt mit dem Begriff "Staat" gegebene Notwendigkeiten auf die Kirche – zu Unrecht. –

In der Tat ist es so, daß die Inhaber staatlicher Gewalten die Existenz des Staates substantiell-partiell eliminieren, wenn sie konstant und prinzipiell das Gegenteil von dem anstreben und praktizieren, wozu der Staat wesenhaft da ist: Freiheit, Sicherheit, Eigenraum des Einzelnen und mithin seine Selbstentfaltung zu schützen. Ich sage "partiell", weil auch in einem solchen "Staat", also dem mit einer menschheitsverbesserischen Ideologie identifizierten Machtgebilde – nur hier hat der Begriff "totalitär" seine Berechtigung – ein begrenzter Schutz vor freiwildernden Dieben und Mördern besteht.

Ist es auch so in der Kirche? Wenn ein Papst konstant und grundsätzlich seines Amtes nicht waltet, hört er dann eo ipso auf, Papst zu sein? Und, da mit dem Dasein des geheimnisvollen Leibes Christi auf Erden, welcher wesenhaft die Kirche ist, auch die irdisch wahrnehmbare und erfahrbare Legislative, Judikative und Exekutive der perfekten Gesellschaft göttlichen Ursprungs gehört, ist es dann auch mit der Existenz der hierarchischen Institution und dadurch mit der Kirche schlechthin zu Ende? –

Um nun noch einmal zum Beispiel "Staat" zu kommen, nehmen wir Deutschland zwischen 1933 und 1945. Es herrschte wesenhaft-partiell ein staatenloser Zustand. Jede revolutionäre Bewegung mit dem Ziel, den Tyrannen zu beseitigen, war in nuce Staat und mit dem Schwertrecht ausgestattet. Das Attentat Stauffenbergs war der legitime Versuch einer Anwendung des dem Staate gegebenen Schwertrechtes und fällt nicht unter das 5. Gebot Gottes. Nur der unkatholische Rechtspositivismus urteilt anders. – Deutschland und die Deutschen aber sind nicht mit jeglichem Machtgebilde identisch, nicht einmal mit dem "Staat" schlechthin, wenn auch zur Selbstfindung und Selbstverwirklichung von Volk und Vaterland Staat sich als notwendig erweist. Ab 1949 erst gab es wieder gültigen, vollgültigen Staat westlich der Elbe, und es ist nach allem oben Gesagten mehr als zweifelhaft, ob man diesen Staat als Rechtsnachfolger des nationalsozialistischen Machtgebildes anzusehen hat.

Und jetzt wieder zur Kirche. Kann es Kirche geben ohne eine kontinuierlich-offiziell sich darstellende Trägerschaft von Lehramt, Priesteramt und Hirtenamt, zu welchletzterem Legislative, Judikative und Exekutive gehören? Nein.

Der Staat als solcher hat keinen organisch-mystischen Seinsgrund, wohl aber hat ihn die hierarchisch geordnete Rechtsinstitution Kirche. Die Rechtsinstitution kann von ihrem Seinsgrund niemals gelöst werden. Die Kirche ist eine unteilbare Einheit in all ihren zu unterscheidenden Dimensionen und Kategorien, die unvermischt und ungetrennt bestehen.

Nun konkret aufs Heute bezogen: Zweifellos würde eine 20-, 30-, 40jährige Sedisvakanz, bezogen auf den Stuhl Petri keine Eliminierung der Kirche bedeuten – selbstverständlich auch nicht unter dem Aspekt ihrer hierarchisch-rechtlich faßbaren Institutionalität. Denn in potentia reali wäre das Papsttum vorhanden (potentia realis ist kein innerer Widerspruch). Unmöglich ist dagegen, daß der Episkopat schlechthin der Ungültigkeit und sakramentalen Handlungsunfähigkeit verfiele!

Wie ist es nun mit der Gültigkeit oder Ungültigkeit des Pontifikates von Johannes Paul II.? Wir können es nicht wissen. Im Jenseits werden wir wahrscheinlich staunen über einige unvermutete Sedisvakanzen. – Wieso können wir's nicht wissen?

Was ist der Tatbestand? Johannes Paul II. lehrt zwar vieles Richtige und Wahre, verehrt, wie's scheint, innig die Gottesmutter, beschwört die Treue zum Wortlaut der Dogmen und tut einiges mehr, was dem Wesen des Papsttums (nämlich das esse qua Christus, nicht das esse cum Christo; es ist das esse qua Christus pro toto mundo in mundo) an sich gemäß ist. Allerdings sind diese positiven Aspekte nicht gleichwertig gegen negative zu setzen. Das wäre eine trügerische "Objektivität". Leider steht sein positives agere qua papa hinter einem in sich nicht nur haeretischen, sondern auch antichristlichen Vorzeichen. Er bietet die katholische Kirche als 'Beitrag' an 'zur wachsenden Vermenschlichung der Welt', ist allmenschlich-oekumenistisch engagiert, huldigt einem 'universalen Heilsoptimismus'. Da ist nichts zu mindern und zu mildern. Sein agere qua papa ist also mindestens zugedeckt, verfälscht, belagert wie der ganze offizielle, rechtlich feststellbare Raum der Kirche. Wenn er sich dessen nicht reflex bewußt ist, also die Kirche als solche nicht zerstören will – dann ist sein Pontifikat gültig. Nun ertönt ein geradezu schwachsinniges Ha-ha-ha von einigen Seiten: "Seht euch den Pfarrer Milch an! Der schießt den Vogel ab mit seiner Vorstellung, der Papst könne eventuell vom antichristlichen Charakter seiner Ideologie nichts wissen. Ein Papst, der das nicht wissen sollte! Eine absurde Idee!" Die so über mich herfallen, wissen nicht den – von mir im letzten Rundbrief angesprochenen – Unterschied zwischen Intelligenz und Begabung. Darüber wäre vieles zu sagen. Ich möchte die 'souveränen' Lacher nur fragen: "Hand aufs Herz! Wer unter Ihnen noch niemals auf den Gedanken gekommen war in seinem Leben, die Teilnehmer am heiligen Meßopfer müßten 'als Gemeinschaft' zum Ausdruck kommen, der werfe den ersten Stein – auf den Papst! Denn von dieser 'Gemeinschafts'-Auffassung bis zur Verabsolutierung des 'Gemeinschafts'-Gedankens und von daher zum interhumanen, angeblich 'christusgewollten' Solidaritätsdenken – wobei wir mitten im Antichristlichen wären – sind die Schritte nicht allzu groß. Daß ich stets von solcher 'Pfarrfamilien'-und 'Wir-wollen-so-recht-eine-Gemeinschaft-sein'-Ideologie himmelweit entfernt war, daß sie alle geistigen Instinkte in mir gegen sich entfesselte, rechne ich nicht mir zum Verdienste an. Ich werfe keinen Stein. Seien Sie ein bißchen vorsichtiger, meine Herren Lacher!"

Ganz falsch ist es, mit Hinblick auf die Verwirklichung des agere qua Christus den Hylemorphismus anzuwenden. Wer Papst ist, verwirklicht nicht eben dadurch sein Papsttum und ist auch nicht eben dadurch vor einem agere contra essentiam papalem et ecclesialem gefeit – von Kathedralentscheidungen abgesehen. Er ist zum agere qua papa, zur Aktuierung des vorgegebenen esse qua Christus in statu potentiae. Wollte man Aktuierung gleichsetzen mit Informatio, so könnte das esse qua Christus nur als ein agere überhaupt gegeben sein bzw. müßte es das agere contra essentiam ecclesiae verhindern. Papsttum wäre in sich identisch mit seiner Minimalverwirklichung. Das ist falsch. Der Hylemorphismus, also das Denken in der Materie-Form-Kategorie, ist nur innerhalb praeaktueller Seinskonstitutiva anwendbar. Im aktuellen Bereich kann diese Kategorie nur symbolisch aufgezeigt werden (Formung von Knetstoff; auch mit Bezug auf das Verhältnis von Element und Wort bei den Sakramenten. Dies ereignet sich alles im Raume schon gegebener Inhalte, die eine Neuformung bzw. Erhöhung erfahren. Im strengen Sinne ist die Materie ein inhaltsloses Nichts, eine pure Möglichkeit, die erst eine inhaltliche Bestimmung erhalten muß, um aktuiert werden zu können. Potenz im Sinne des Potenz-Akt-Verhältnisses ist inhaltlich geprägt und ist bei Indifferenz gegenüber ihrer Verwirklichung auf ihre Verwirklichung hingeordnet). Was die Aktuierung des gewählten Papstes angeht hinsichtlich des in ihm vorgegebenen Papstseins, so kann sinnvollerweise nur mit der Potenz-Akt-Kategorie gearbeitet werden.

Der Papst ist so lange gültiger Papst, wie er keine antikatholische bzw. unkatholische Überzeugung als solche deklarieren will. –

Uns bleibt in allem die Folgerung, daß die katholische Kirche dort, wo sie sich als solche offiziell präsentiert, seinshaftpotentiell gegeben ist, an ihrer auch nur minimalen substantiellen Selbstverwirklichung vorübergehend durch die Belagerung seitens antikatholischer Tendenzen und Kräfte gehindert wird.

Der Herr hat in seiner Providenz gesorgt, daß ihr wahres Sein extra muros, im scheinbaren Außen, aufgezeigt wird – nicht etwa dort einzig existiert, sondern in Erscheinung tritt. Die wahrhaft drinnen sind, werden ihr Drinnensein am Tage der Wende wieder offenbaren können. Diese Konsequenz wird vom einfachen, nicht primitiven, Menschen sehr gut eingesehen, wenn sie ihm aus einem Herzen heraus, das guten Willens ist, dargelegt wird – vgl. mein Neues Manifest der actio spes unica von 1979!)

 

 

Soweit die Darlegungen als Antwort auf provozierende Artikel. Wie gesagt, Sie brauchen das nicht zu lesen. Ihr gesunder Menschenverstand sieht sehr gut ein, was die Wahrheit ist – ohne solche langen Darlegungen, die ich gegenüber den Provokateuren auszubreiten mich veranlassen ließ. Einmal nur diese Ablenkung von wesentlicheren Diensten!