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Geistliches Wort im Januar 2008
Schild der actio spes unica
 

Zum Fest der Heiligen Familie

 

Am Fest der Heiligen Familie wollen wir einen Blick auf die Familie von Nazareth werfen, aus der der Sohn Gottes hervorgehen wollte. Sie ist das vollkommene Vorbild jeder christlichen Familie, ja der Familie schlechthin. Gleichwohl berichtet die Heilige Schrift nichts Spektakuläres über diese Familie.

Joseph war das Familienoberhaupt; als gesetzlicher Vater sorgte er mit seiner Hände Arbeit für Jesus und Maria. Ihm wird vom Engel mitgeteilt, welcher Namen dem Kind zu geben ist: Ihm sollst du den Namen Jesus geben, lesen wir beim Evangelisten Lukas. Auch die Weisungen zum Schutz des göttlichen Kindes ergehen an Joseph: Steh auf, nimm das Kind und seine Mutter, und flieh nach Ägypten. Und später: Steh auf, nimm das Kind und seine Mutter, und zieh in das Land Israel. ... Und weil er (Joseph) im Traum einen Befehl erhalten hatte, zog er in das Gebiet von Galiläa und ließ sich in einer Stadt namens Nazareth nieder. Von Joseph lernt Jesus auch das Handwerk, die Grundlage für seinen Lebensunterhalt.

Maria aber ist das Herz dieser Familie, sie sorgt für die häusliche Wärme und Geborgenheit. Sie ist ihrem Kind besonders nahe, sein Wohl, sein Wachsen und Gedeihen ist ihr Ein und Alles, ist ihr wesentlicher Lebensinhalt. Von ihr, Seiner Mutter, lernte Jesus ganz natürlich, sich auszudrücken, hörte Volksweisheiten aus ihrem Mund, die Er später in Seinen Predigten verwenden wird. Der Alltag Mariens war der einer fürsorglichen Mutter und Ehefrau, die sich ihrer Familie uneingeschränkt widmet, ihre Kinder erzieht und den Haushalt besorgt. Aus ihrem Mund hörte Jesus die ersten Gebete. Maria heiligte die gewöhnlichen Dinge des Alltags, sie heiligte, was viele heute fälschlich für gering erachten: die tägliche hausfrauliche Arbeit, die aufopfervolle Hingabe und Sorge für die Lieben, alltägliche Besorgungen, liebevoller Kontakt zu Verwandten und Nachbarn.

Zwischen Joseph und Maria aber bestand ein geheiligter Bund: Er war das Haupt, sie das Herz dieser Gemeinschaft. Die Autorität Josephs war unbestritten, sie war eine dienende, liebevolle Autorität. Hier gab es keinen Streit um die Vorherrschaft, wie es heute leider in vielen Ehen und Familien üblich ist.

Jesus selbst aber, der ewige, allmächtige, allwissende Gott, war Seinen Eltern in Liebe zugetan und leistete ihnen Gehorsam. Er war seinen Eltern untertan, wie der Evangelist ausdrücklich hervorhebt. Es ist, als ob Jesus aufs Neue feierlich hat bekräftigen wollen, was Sein himmlischer Vater am Berge Sinai einst unter Donner und Blitz verkündete: Du sollst Vater und Mutter ehren, auf daß es dir wohl ergehe und du lange lebst auf Erden! Es gibt unter den Zehn Geboten wohl keines, das so viel Glück, aber auch so viele Tränen in die Familie hineinbringt, wie gerade das vierte Gebot! Der Mensch, und besonders der junge Mensch, soll wissen, daß ihm die Erfüllung dieses Gebotes schon in diesem Leben Glück, seine Nichterfüllung aber Leid und Unglück bringt. Jesus wollte durch sein Vorbild die Menschen veranlassen, daß auch sie ihren Eltern Ehrfurcht, Liebe und Gehorsam erweisen.

In der Heiligen Familie nahm Gott einen zentralen Platz ein. Ohne Zweifel wurden hier, wie in allen Familien Israels, die überkommenen Gebete verrichtet. Mit welcher Andacht mag Jesus die Verse der Heiligen Schrift gesprochen haben, die jedes hebräische Kind zu erlernen hatte. Und wir dürfen sicher sein, daß Er auch die Gebete benutzte, die Er aus dem Mund Seiner Eltern vernommen hatte. Genau dies hatte Papst Paul VI. vor Augen als er sich mit folgenden Worten an die Eltern wandte: "Unterweist ihr eure Kinder im christlichen Gebet? Bereitet ihr eure Kinder in Abstimmung mit den Priestern auf den Empfang der Sakramente vor: die Beichte, die Kommunion, die Firmung? Gewöhnt ihr sie, wenn sie krank sind, daran, an die Leiden Christi zu denken? Maria und die Heiligen um ihre Hilfe zu bitten? Betet ihr in der Familie den Rosenkranz? Gelingt es euch wenigstens von Zeit zu Zeit, mit euren Kindern in der ganzen Hausgemeinschaft zu beten? Euer Vorbild für rechtes Denken und Handeln ist, gestützt auf ein gemeinsames Gebet, ein Lehrstück fürs Leben, ein einzigartiger Dienst an Gott: ihr tragt so Frieden in euer Heim: Friede diesem Hause! Seid euch dessen bewußt: so erbaut ihr die Kirche". Auch wir wollen uns heute wieder bewußt machen: In der Familie müssen die Eltern mit ihren Worten und ihrem Beispiel die ersten Erzieher ihrer Kinder zum Glauben sein! Dies immer wieder zu betonen und anzumahnen, ist ein Grundanliegen der Kirche. Nicht wenige, auch getaufte Kinder, kennen heute weder ein Gebet noch wissen sie das Kreuzzeichen richtig zu machen, wenn sie in die Grundschule eintreten. Das Leben der Familie von Nazareth, war, kurz zusammengefaßt, gekennzeichnet durch den Eifer für die Religion und das Gebet, durch die Liebe, die Maria mit Joseph und diese beiden mit dem Jesuskinde verband, sodann durch den rührenden Gehorsam dieses Kindes, des Sohnes Gottes, gegenüber Maria und Joseph, den Eltern, denen Er untertan war.

Es versteht sich von selbst, daß in dieser Familie eine Atmosphäre der Reinheit und Schamhaftigkeit herrschte, es war hier kein Platz für zweideutige Reden oder gar Schamlosigkeiten. Jede christliche Familie sollte ein Abbild der Heiligen Familie: ein Ort, an dem Gott seinen festen Platz hat, und Mittelpunkt wechselseitiger Liebe. Dies erfordert freilich Opfer, den Verzicht auf viele eigene Wünsche, eine beständige Rücksichtnahme, und die Überwindung der Eigenliebe. Es verlangt eine ernste, tiefe Frömmigkeit, einen lebendigen Glauben und viel Gebet.

Auch jene alte christliche Zucht, welche die Kinder zum Gehorsam, zur Selbstgenügsamkeit und Selbstüberwindung angehalten hat, die aber aus den meisten Familien von heute gewichen ist, sie darf nicht fehlen. In den meisten Familien werden heutzutage die Kinder verweichlicht, lernen weder gehorchen noch sich etwas versagen. Sie wachsen so heran mit ungebrochenem Eigenwillen und ihren unbeherrschten Neigungen. Von der Beherrschung ihrer Neigungen wissen sie nichts, weil sie niemand dazu anhält. Die natürliche Folge dieses elterlichen Versagens ist, daß die Kinder später ihrer Lust und Laune und den Verführungen der Welt schutzlos ausgesetzt sind. Christliche Familien, die das Leben der Heiligen Familie nachzuleben versuchen, sind hell und freundlich, weil sich jeder um einen guten Umgang mit Gott und ein liebevolles, respektvolles Miteinander bemüht. In ihnen herrscht christliche Zucht und Ordnung. Eltern und Kinder sollten sich heute fragen: Ist so unser Zuhause? Widmen wir diesem Zuhause die Zeit und Aufmerksamkeit, die es verdient? Ist Jesus sein Mittelpunkt? Bemühen wir uns hinreichend um die anderen, die Angehörigen unserer Familie? Begegnen wir einander mit Liebe und Respekt? Herrscht in unserer Familie ein Geist, in der der Glaube gedeihen kann und gelebt wird?

Kirche und Staat brauchen dringend christliche Familien, hat doch ein Volk ohne eine intakte Familienstruktur keine Zukunft, auch können Priester- und Ordensberufungen nicht gedeihen. Angriffe auf die Familie, wie wir sie seit einigen Jahrzehnten in Europa erleben, sind daher Angriffe auf die Gesellschaft selbst, sie gefährden den Fortbestand der Menschheit. Nur in der Familie, und ganz besonders der kinderreichen, können die sozialen Tugenden eingeübt werden, die für ein gedeihliches Zusammenleben der Menschen unerläßlich sind, nämlich: Gehorsam, Fürsorge für den anderen, Verantwortungsgefühl, Verständnis und Hilfsbereitschaft, aber auch der liebevolle Ausgleich von unterschiedlichen Lebensauffassungen, sowie Bereitschaft und Liebe zum Kind. Bitten wir die Heilige Familie inständig um christliche Eltern, christliche Väter und christliche Mütter, die sich gegenseitig stützen auf dem Weg in den Himmel und die Kinder, die ihnen Gott reichlich schenken möge, ernsthaft im Glauben unterweisen, damit diese einst selbständig ein Leben aus dem Glauben führen können.

 

Mit priesterlichem Segensgruß

Abbé Oliver E. Busse