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Geistliches Wort im Januar 2010
Schild der actio spes unica
 

Die Weisen ziehen nach Bethlehem

 

"Als nun Jesus geboren war zu Bethlehem im Stamme Juda zur Zeit des Königs Herodes, siehe, da kamen Weise aus dem Morgenlande nach Jerusalem und sprachen: Wo ist der neugeborene König der Juden? Denn wir haben seinen Stern im Morgenland gesehen und sind gekommen, ihn anzubeten. Als der König Herodes dies hörte, erschrak er und ganz Jerusalem mit ihm. Und er versammelte alle Hohenpriester und die Schriftgelehrten des Volkes und erforschte von ihnen, wo Christus geboren werden sollte. Sie aber sprachen zu ihm: In Bethlehem im Stamme Juda; denn also steht geschrieben durch den Propheten: Und du, Bethlehem, im Lande des Stammes Juda, bist keineswegs die geringste unter den Fürstenstädten Judas; denn aus dir wird hervorgehen der Fürst, der mein Volk Israel regieren soll.

Darauf berief Herodes die Weisen heimlich und erforschte genau von ihnen die Zeit, da der Stern ihnen erschienen war. Dann sandte er sie nach Bethlehem und sprach: Gehet hin und forschet genau nach dem Kinde, und wenn ihr es gefunden habt, so zeiget mir es an, damit auch ich komme, es anzubeten.

Als diese den König gehört hatten zogen sie hin. Und siehe, der Stern, den sie im Morgenlande gesehen, ging vor ihnen her, bis er über dem Orte, wo das Kind war, ankam und stillstand.

"Da sie aber den Stern sahen, hatten sie eine überaus große Freude. Und sie gingen in das Haus, fanden das Kind mit Maria, seiner Mutter, fielen nieder und beteten es an. Sie taten auch ihre Schätze auf und brachten ihm Geschenke: Gold, Weihrauch und Myrrhen."

Wir betrachten: 1. Den Aufenthalt in Jerusalem; 2. Die Weiterreise nach Bethlehem; 3. Die Ankunft bei der Krippe.

1. Punkt: Der Aufenthalt zu Jerusalem

Welch große Bescheidenheit bei den Weisen einerseits, welch Unterschied zu Herodes, den Hohenpriester und Schriftgelehrten anderseits!

Die Weisen voll Ruhe, Glück und Zufriedenheit, weil sie einfältigen und aufrichtigen Herzens Jesus suchen; Herodes, die Hohenpriester und Schriftgelehrten voll Kälte, Unzufriedenheit, Überdruß und Heuchelei, weil sie Jesus nicht lieben.

Die Hohenpriester und Schriftgelehrten hätten längst von der Geburt des Messias wissen können und sollen; sie hatten ja die heiligen Bücher, in welchen alles so genau angegeben war, daß sie dem argwöhnischen König, als er fragt, den Bescheid zu geben im Stande sind: in Bethlehem müsse der Messias geboren werden. Sie hätten in ähnlicher Weise wie den Ort so auch die Zeit seiner Geburt aus der heiligen Schrift feststellen können. Allein während sie dem irdischen Gewalthaber zu Willen sind und ihm die gewünschte Auskunft erteilen, kümmern sie sich wenig um ihren himmlischen Erlöser, um den Sohn des lebendigen Gottes. Sie hätten die Hirten fragen können oder irgend jemanden aus der Umgegend von Bethlehem; aber was liegt ihnen an dem Messias!

Indes wie unglücklich sind sie wegen dieser ihrer Hartherzigkeit! Hier auf Erden das Herz ganz leer oder vielmehr voll eisiger Kälte und giftiger Leidenschaft; im Jenseits, wenn sie nicht zu Jesus sich wenden, die ewige Verdammnis, die Qualen der Hölle. Ähnlich Herodes. Er ist freilich voll Besorgnis um Jesus; aber nicht, um ihn zu lieben und anzubeten, sondern um ihn aus der Welt zu schaffen! "Gehet hin," so spricht er voll Heuchelei zu den Weisen, "gehet hin und forschet genau nach dem Kinde, und wenn ihr es gefunden habt, so zeiget es mir an, damit auch ich komme, es anzubeten." Doch wie unglücklich ist auch er in seinem Ehrgeiz und in seiner Eifersucht und in allen diesen Leidenschaften, welche ihm Tag und Nacht keine Ruhe gönnen!

Wahrlich! Diesen verschieden Menschen gegenüber finden wir die Worte der "Nachfolge Christi" bewahrheitet: "Ohne Jesus sein ist eine schlimme Hölle, und mit Jesus sein ein süßes Paradies." Und wie steht es mit der Liebe zu Jesus in meinem eigenen Herzen? Könnte ich nicht sorgen, daß diese Liebe mehr wüchse? Und wie?

2. Punkt: Die Weiterreise nach Bethlehem

Als nun die Weisen sich von Herodes verabschiedet hatten, da zogen sie hin nach Bethlehem. "Und siehe, der Stern, den sie im Morgenlande gesehen, ging vor ihnen her, bis er über dem Orte, wo das Kind war, ankam und stillstand. Da sie aber den Stern sahen, hatten sie eine überaus große Freude."

Suchen wir im Geiste diese Freude der heiligen drei Könige mitzuempfinden!

Wenn man während der ganzen Reise dieses Lebens in Gedanken, Worten und Werken so gänzlich für Jesus lebt, wie die Weisen auf dem Wege nach Bethlehem, so ist man ebenso glücklich wie sie. Alle Mühe und Arbeit und Entbehrung wird süß, weil man sie trägt für Jesus, weil sie begleitet wird von der Hoffnung, bald zu Jesus zu kommen. Wenn wir also in diesem Geiste unser ganzes Leben verbringen, dann wird unser Tod ebenso freudevoll sein wie für die Weisen jener Augenblick, in welchem sie sahen, daß der Stern über dem Hause stehen blieb, und daß sie an ihrem Ziele, bei dem neugeborenen Heiland, angelangt waren. Der Tod wird uns dann erscheinen wie jener Stern, von dem es heißt: "Da sie aber den Stern sahen, hatten sie eine überaus große Freude."

Doch auch vor dem Tode bereits können wir oft eine ähnliche Freude genießen wie die Weisen in dem Augenblicke, da sie bei Jesus ankamen; dann nämlich, wenn wir, ähnlich wie sie vor der Krippe, so vor dem Tabernakel knien und anbeten; oder wenn wir gar das Glück haben, Jesus durch die heilige Kommunion in unser Herz aufzunehmen. Schätze ich dieses Glück, wie ich sollte? Benutze ich diese Gnade, soviel ich es vermag? Namentlich die Augenblicke nach der heiligen Kommunion?

3. Punkt: Die Ankunft bei der Krippe

"Da sie aber den Stern sahen, hatten sie eine überaus große Freude. Und sie gingen in das Haus, fanden das Kind mit Maria, seiner Mutter, fielen nieder und beteten es an. Sie taten auch ihre Schätze auf und brachten ihm Geschenke: Gold, Weihrauch und Myrrhen." Fassen wir hier zwei Dinge ins Auge: 1. Die Anbetung; 2. Die Darbringung der Geschenke.

  1. Die Anbetung: Welche Gefühle mögen den heiligen Weisen sich aufgedrängt haben, da sie den menschgewordenen Gott mit eigenen Augen vor sich liegen sehen, da sie ihn sehen als armes hilfloses Kind! Ihn, die Erwartung der Völker, auf welchen Jahrtausende in sehnsüchtiger Hoffnung geharrt! Dann der Gedanke, daß sie aus der ganzen, unermeßlichen Heidenwelt die ersten sind, welche gewürdigt werden, den Sohn Gottes in sichtbarer Gestalt, in seiner heiligsten Menschheit anzubeten! Welche Gefühle der Dankbarkeit, der Bewunderung, der Liebe, der Anbetung mögen sich in ihrer Brust zusammengedrängt haben! Und wir? Sind wir von wahrhaft lebendigem Glauben durchdrungen, wenn wir vor dem Tabernakel knien? Sind wir uns lebendig bewußt, wer es ist, den wir in Brotsgestalt anbeten? Benutzen wir die kostbaren Augenblicke, vor dem Allerheiligsten, um zu danken, zu bitten, anzubeten, zu lieben!
  2. Die Darbringung der Geschenke. Von der stillen Anbetung, von der Betrachtung, von den inneren Gefühlen des Herzens gehen die Weisen sofort zur Tat über. Sie opfern, sie schenken dem Jesuskinde das Kostbarste, was sie haben. Denn nachdem wir gehört, wie sie niederfielen und das Jesuskind anbeteten, heißt es sogleich: "Sie taten auch ihre Schätze auf und brachten ihm Geschenke: Gold, Weihrauch und Myrrhen." Ist meine Liebe und Andacht zum Kindlein Jesus ebenso tatkräftig wie die der Weisen? Bleibt sie nicht etwa stehen bei frommen Anmutungen und Vorsätzen? Werden die Entschlüsse ausgeführt, die Opfer, welche ich dem Heilande gelobt, wirklich gebracht? Zeigen sich in meinem Leben die Früchte der Andacht und Liebe zum Erlöser?

Opfern wir dem Kindlein in der Krippe die Vorsätze auf, welche wir in der Betrachtung gefaßt haben; wir bitten dasselbe um seinem Gnadenbeistand zur Ausführung dieser Vorsätze, legen ihm all unsere Anliegen vor und schließen, indem wir zu demselben aus dem Grunde unseres Herzen das Gebet sprechen: "Seele Christi, heilige mich".

 

Mit priesterlichem Segensgruß

Abbé Oliver E. Busse