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Geistliches Wort im Januar 2014
Schild der actio spes unica
 

Mannestugend im Licht der Eucharistie

Gehorsam

"Er ward gehorsam bis zum Tode."

Der Gehorsam ist eine Sache, die nicht nur Kinder und Klosterfrauen angeht. Auch der Heiland ist gehorsam geworden bis zum Tode. Schon deshalb ist der Gehorsam nicht Kindersache, sondern Männersache. Daß heutzutage die Grundlagen der menschlichen Gesellschaft so bedrohlich wanken, hat eine Reihe von Gründen; der Hauptgrund liegt darin, daß die Menschheit keine Autorität mehr anerkennen und deshalb vom Gehorsam, gar von gottverbundenem Gehorsam nichts wissen will. Wir betrachten deshalb heute die Tugend des Gehorsams, und zwar:

I. den Gehorsam in der Heilsgeschichte
II. den Gehorsam des katholischen Mannes

Dabei bewegen sich unsere Gedanken wieder um die heiligen Eucharistie und flehen: Herz Jesu, bis zum Tode gehorsam geworden – erbarme dich unser!

Der Gehorsam in der Heilsgeschichte

Wenn wir das erste Blatt der Bibel aufschlagen, so finden wir dort den unendlich großen Gott. Er ruft aus dem Nichts die Welt ins Dasein – und sie ist da, und sie ist so, wie er wollte, in wunderbarer Ordnung! Alles muß ihm dienen – ruft der Psalmist begeistert (118,91). Gott aber will mehr. Er will auch den freien Gehorsam vernunftbegabter Geschöpfe, ihre freudige Einfügung in seine Weltordnung. So hat er zahllose Engel erschaffen, ausgestattet mit einem durchdringenden Verstand und mit Riesenkräften, jeder für sich eine Welt von Schönheit, Glück und Geisteskraft. Sie sollten immerfort das unendlich schöne Antlitz Gottes schauen – wenn sie die Gehorsamsprobe bestünden. Er war nun einmal der Schöpfer und sie seine Geschöpfe, er der Herr und sie seine Angeli, seine Boten, seine Diener. Würden Sie ihren Beruf verkennen und den Gehorsam kündigen? Würden sie rebellieren gegen die heilige Ordnung und sein wollen wie Gott? – Wir kennen den Ausgang: da fürchterliche Katastrophen für den Ungehorsam, dort den herrlichen Lohn für den Gehorsam der Treugebliebenen. Was muß dort oben eine Seligkeit herrschen, wie überwältigend die Ordnung der neun Engelchöre sein! Was immer sie von Gottes Augen ablesen, erfüllen sie als gehorsame Boten, und der ganze Himmel hallt wider von ihrem Ehre sei Gott in der Höhe!

Auf Erden aber sollte nach Gottes Absicht Friede sein den Menschen, freilich nur dann, wenn sie guten Willens sind. Guten Willens sein ist aber dasselbe wie gehorsam sein. Diese Probe haben unsere Stammeltern nicht bestanden. Gott gab ihnen ein Gebot, und sie übertraten es. Auch sie wollten sein wie Gott und zerstörten dadurch seine Ordnung. Wie die gefallenen Engel im Himmel, so waren sie auf Erden die ersten Revolutionäre und verschuldeten dadurch namenloses Unglück. Der hl. Paulus faßt das an die Römer (5,19) in die Worte zusammen: Durch den Ungehorsam des einen Menschen sind alle zu Sündern geworden.

Wenn nun Gott in seiner Barmherzigkeit Erlösung versprach, so konnte ein Erlöser nur durch Gehorsam den Ungehorsam des ersten Adam sühnen und dem Vater so die schuldige Ehre wieder erstatten. Deshalb fährt derselbe Apostel an die Römer fort: Durch den Gehorsam des einen (Christus) werden alle zu Gerechten gemacht. Wenn ihr, liebe Männer, diesen Heiland im Sakrament empfangt, dann denkt einmal darüber nach, wie groß der Gehorsam des Gottesmenschen ist. Bei seinem Eintritt in die Welt sprach er: Opfer und Gaben verlangst du nicht, aber einen Leib hast du mir gegeben; siehe, oh Gott, ich komme, deinen Willen zu erfüllen (Hebr 10,5)! Also der Opfergeist des Gehorsams von Bethlehem an. Des Vaters Willen zu tun und sein Werk zu vollenden, war seine Speise (Joh 4,34). Und als ob er zeigen wollte, daß auch der Gehorsam gegen Menschen zum Weltplan der Ordnung gehörte, war er dreißig Jahre lang seiner Mutter und seinem Pflegevater untertan (Lk 2,51), die allerdings die heiligsten Menschen auf Erden waren. Deshalb tut Jesus mehr; er ist auch der Obrigkeit untertan, die damals in Augustus, Tiberius, Pilatus, Annas und Kaiphas so verwerfliche Vertreter hatten. Auch in ihnen achtet er die von oben, die von Gott gegebene Gewalt (Joh 19,11). So wird er gehorsam bis zum Tode, ja bis zum Tod am Kreuz. Nicht sein Wille, sondern des Vaters Wille (Mt 26,39) war ihm Richtschnur, und so konnte er am Ende seiner Erdenaufgabe zu ihm beten: Ich habe dich auf Erden verherrlicht, indem ich das Werk vollbrachte, das du mir aufgetragen (Joh 17,4). Es ist vollbracht (19,30)! – Und noch immer währt sein Gehorsam, wenn er im Meßopfer auf des Priesters Wort als Gottmensch vom Himmel auf unsere Altäre niedersteigt, wenn er sich den Wünschen der Gläubigen fügt, sich in die Häuser der Kranken tragen läßt und, weil ihr es so wollt, auch in euer Herz einkehrt.

Im Leben des katholischen Mannes

O du gehorsamster Jesus, wenn ich dein apostolischer Jünger sein will, muß ich deinen Gehorsamsgeist ganz in mich aufnehmen und in allem dem Willen des Vaters sehen. So will ich den Gehorsam üben gegen Gott, gegen die Kirche, gegen den Staat und im Beruf.

Je mehr wir von der Größe Gottes durchdrungen sind, desto verständlicher wird uns der Gehorsam gegen ihn. Gerade die zehn Gebote Gottes sind Prüfsteine unseres Gehorsams. Das eine oder andere mag uns oft schwer fallen; dann soll uns der alte Schlachtruf helfen: Gott will es! Denn Gehorsam ist doch das höchste geistige Opfer, weil wir nicht irgendeine Gabe, sondern uns selbst zum Opfer bringen. Bei Schlachtopfern wird fremdes Fleisch hingeopfert, beim Gehorsam aber der eigenen Wille. So konnte Gott schon im Alten Bund ausrufen: Gehorsam ist besser als Opfer (1 Sm 15,22).

Auch von der Kirche können wir sagen: Je mehr uns ihr Wesen aufgegangen ist, desto klarer wird unsere Gehorsamspflicht gegen sie. Die Kirche ist ja der fortlebende Christus, sie soll sein Werk fortführen und vollenden. Wie Jesus einst Lehrer, Priester und Hirte war, so soll jetzt sie uns lehren. Ihr gilt das den Aposteln gesagte Heilandswort: Wer euch hört, der hört durch Gott seine Bestätigung. An diese göttliche Stellung der Kirche willen wir denken, wenn der Papst, der Bischof, der Priester oft so Hartes und Schweres von uns fordern muß, mag es sich nun um die Ehegesetze handeln oder um das Bücherverbot oder um die Presse oder um die katholische Kindererziehung oder um den Fleischverzicht am Freitag oder um den Kirchenbesuch am Sonntag – Gott ist es, der durch die Kirche spricht! Deine Antwort darf nur lauten: Nicht meine Wille geschehe, sondern der deine!

Ein besonderes schwieriges Kapitel ist der Gehorsam gegen den Staat, gegen die weltliche Obrigkeit. Schwierig deshalb, weil der heutige Staat und die heutige Staatsform nicht in allen Punkten den Beifall aller finden kann. Politische Auseinandersetzungen sind an dieser Stätte weder zufällig noch notwendig. Denn selbst wenn die vielen, oft so ungerechten und fanatischen, Vorwürfe gegen den heutigen Staat berechtigt wären, so wollen wir uns doch nochmals erinnern, daß der römische Staat vor 2000 Jahren von Tyrannen regiert wurde; und doch gebietet Christus: Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist (Lk 20,25)! Und der hl. Petrus: Seid um des Herrn willen jeder menschlichen Obrigkeit untertan, sei es dem Könige als dem obersten Herrn, sei es den Statthaltern, die von ihm gesandt sind, die Übeltäter zu bestrafen, die Rechtschaffenen zu belohnen; denn das ist der Wille Gottes (1 Ptr 2,13f.). Und St. Paulus an die Römer, die damals (etwa im Jahre 58!) gerade von einem Mann wie Nero beherrscht wurden: Jedermann sei der obrigkeitlichen Gewalt untertan; denn es gibt keine Gewalt, die nicht von Gott stammt; wo eine besteht, ist sie von Gott angeordnet. Wer sich demnach gegen die Gewalt auflehnt, ist ein Aufrührer gegen die Anordnung Gottes! Deshalb muß man der staatlichen Gewalt untertan sein, nicht nur um der Strafe, sondern um des Gewissens willen (Röm 13). So der Völkerapostel. Glaubt jemand von Seiten der Obrigkeit Unrecht erlitten zu haben, so mag er sein Beschwerderecht gebrauchen und den ordentlichen Rechtsweg beschreiten, wie ja auch St. Paulus an die höchste Instanz, an den Kaiser, appelliert hat. Aber niemals auf dem Weg der Gewalt, niemals auf dem Weg der Revolution, die immer ein Unrecht ist (Denz. 1963). Allerdings hat die obrigkeitliche Gewalt ihr Grenzen; man darf ihr nicht gehorchen, wenn sie in Gottes Rechte eingreift. Der katholische Mann muß also auf Wache stehen, wenn es sich um die Rechte der katholischen Schule, um die Begünstigung atheistischer und unsittlicher Lebensfragen handelt. Dann gilt Jesu Wort: Gebt nicht nur dem Kaiser, was des Kaisers ist, sondern auch Gott, was Gottes ist! Und St. Petri Wort: Man muß Gott mehr gehorchen als den Menschen (Apg 5,29; vgl. 4,19).

Auch im Berufsleben verlangt der Gehorsam sein Recht. Die Ordensleute haben sich durch ein Gelübde im Gewissen verpflichtet, ihren Oberen in allem untertan zu sein. Aber auch draußen in der Welt muß Gehorsam geleistet werden, und der katholische Mann hat unter seinem Kreuz des Gehorsams oft viel schwerer zu leiden als der Ordensmann im stillen Kloster. Vielleicht ist nur noch der Bauersmann in seinem Berufsleben der freiste Herr, da er außer der Obrigkeit keine weiteren Vorgesetzten kennt. Aber was ist denn das Leben etwa des Arbeiters, des Geschäftsmannes, des Beamten, des Kaufmannes anderes als ein ewiges Sich-fügen, ein ständiges Dienstleisten? Das eine können diese alle vom Ordensmann lernen: daß ihr Dienen und Arbeiten nicht ein stumpfer mechanischer Arbeitsdienst bleibt, sondern durch den Ausblick zu Gott, zum freien Gehorsam, zur bewußten Einfügung in die göttliche Weltordnung, zur heiligen Tugend wird. Wenn es uns hart ankommt, nicht nur den guten und geliebten Herren in aller Ehrfurcht untertan zu sein, sondern auch den schlimmen (1 Petr 2,18), dann soll uns diese übernatürliche Einstellung unseres Berufslebens dem göttlichen Retter ähnlich machen, der gehorsam geworden ist bis zum Kreuztod, und dafür über alle Himmel erhöht wurde! Seid also gehorsam gegen eure Vorgesetzten im Beruf, gegen die weltliche Obrigkeit, gegen die Kirche, gegen Gott! In allen Fällen aber, wo ihr selbst Vorgesetzter seid und Leute unter euch habt, gar in der Familie, wo euch Weib und Kinder gehorchen müssen – o macht ihnen den Gehorsam leicht! So wie der Hauptmann von Kapharnaum ganz sicher seinen Soldaten und Knechten das Gehorchen leicht machte. So wie Joseph und Maria dem göttlichen Kind wohl ihre Gebote gaben, aber mit Liebe. So wie Jesus zwar von keinem Gebot dispensiert, uns aber das Kreuz des Gehorsams tragen hilft durch sein Beispiel, durch seinen Gnadenbeistand, durch die volle sakramentale Vereinigung mit ihm. Und der Dienstlohn für unseren Gehorsam? Darauf gibt Jesus Antwort, wenn er verheißt: Wo ich bin, da soll auch mein Diener sein (Joh 12, 26)!

 

Amen.

 

Abbé Busse