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Niederschrift der Predigt von Pfarrer Hans Milch
15. Sonntag nach Pfingsten 1983
Schild der actio spes unica

Meine lieben Brüder und Schwestern,

 

heute morgen habe ich darüber länger gesprochen, und ich will es nur am Anfang andeuten: Wenn wir auf den hl. Papst Pius X. schauen, dann wollen wir auf ihn schauen als auf eine große geistige, geistmächtige und vom Hl. Geist erfüllte apostolische Persönlichkeit. Es wird immer soviel herumgewühlt. Es sind so viele Sentimentälchen, daß er als armer, schlichter Bauernsohn es hochgebracht habe bis zum Papsttum usw. Das ist doch alles vollkommen Wurscht. Ob er der Sohn eines Bauern, eines Arbeiters oder eines Anwalts oder eines Fürsten oder eines Herzogs ist, das spielt doch gar keine Rolle. Entscheidend ist seine Persönlichkeit! Und seine Persönlichkeit hat es bewirkt, daß er zu dieser Höhe hinaufkam im Sinne einer weisen, vom Hl. Geiste inspirierten Auslese. Woher er kam ist belanglos, auch angesichts des heutigen Papstes, daß er früher halt in der Fabrik gearbeitet hat, daß er Hand angelegt hat und all diese "staunenswerten" Dinge. Ich denke an diesen Nimbus, der um das Werksstudententum schon seit Jahrzehnten schwebt, daß auch der Student einmal sehen soll, wie es ist, wenn man körperlich arbeitet. Das ist doch alles ein vollkommener Unsinn. Es wäre manchmal besser, die, die körperlich arbeiten, würden ein bißchen reinschnuppern in das, was es bedeutet, geistig zu arbeiten. Die meinen nämlich immer, die geistigen Arbeiter haben es gut, die sitzen auf ihrem Hintern und machen sich einen schönen Tag. Daß das wesentlich anstrengender, erregender, nervenaufreibender, verantwortungsbelastender sein kann als körperliche Arbeit, das sollten eigentlich mehr Leute wissen. Wenn ich müde bin, kann ich noch Holz hacken und Strümpfe stopfen. Aber wenn ich müde bin, kann ich nicht mehr verantwortungsbewußt Geistiges entfalten! Darum ist es oft eine weit erheblichere Anstrengung, Geistiges zu leisten als Körperliches.

Also diese ständigen Hinwendungen auf das frühere Leben: Stellt euch vor, er war armer Leute Kind. Das ist doch vollkommen egal. Das hat doch damit überhaupt nichts zu tun. So etwas soll uns gar nicht anrühren. Entscheidend ist das, was er ist – aus! Und dann die berühmte Schlichtheit: Er wäre nur ein schlichter Mensch gewesen. Was heißt hier "nur schlicht"? Die wahre Schlichtheit ist nichts anderes als die Fähigkeit zu staunen. Die zentrale geistige Fähigkeit und geistige Qualifikation: das ist Schlichtheit. Heilige Naivität, heilige Kindhaftigkeit, die alleine einen Menschen mündig macht, ihn staunen läßt, ehrfürchtig sein läßt, ihn offen sein läßt: das ist Schlichtheit. Das ist der einfache Mensch. Und jeder sollte in diesem Sinne ein einfacher, ein einfältiger Mensch sein.

Aber dies mit der Schlichtheit und mit der Einfalt, das wird auch so sentimental ständig umgedeutet in eine Anbetung der Doofheit. Von Doofen heißt es dann sofort: Das sind schlichte, einfache und herzensgute Seelchen. So herzensgut sind die Seelchen oft gar nicht, die da so verschwiemelt bejubelt und angeschaut werden! Diese guten Seelchen sind oft pharisäisch bis in die Fußspitzen. Vorsichtig, vorsichtig mit all diesen äußeren, völlig oberflächlichen Maßstäben! Es geht darum, welche geistige Qualifikation einer hat. Und das mißt sich nicht an dem, was er an positiven Dingen weiß, sondern an seiner Fähigkeit zu staunen und offen zu sein und zu fragen und Mund und Nase aufzusperren und die Fähigkeit, sich ergreifen zu lassen und nicht blasiert zu sein! Das Blasiertsein, das ist das eigentlich Primitive. Der Primitivling, das ist einer der sagt: "Kennen wir alles." Den kann überhaupt nichts mehr aufregen. Der gähnt nur noch. Das ist der primitive Mensch, während der einfache Mensch staunt. Und es gibt sehr viele Wissenschaftler mit einem überlegenem Lächeln und intrigantem Gebaren, die außerordentlich viel wissen: die sind primitiv bis in die Fußspitzen!

So sind die Maßstäbe. Aber wenn wir gleich auf die religiöse Kindererziehung kommen – wir können das ja alles nur andeuten, und ich habe das auch in meinem Sonntagsbrief anzudeuten versucht – zunächst etwas, wie versprochen, über den Film "Das Gespenst". Ich will also nicht über diesen Film sprechen. Es lohnt sich nicht. Es ist eine einzige blasphemische, dumme, schwachsinnige, perverse Schweinerei dieser Film, eine Gotteslästerung in höchstem Grade. Juristisch läßt sich da schwer etwas machen, weil nicht mehr die Verletzung religiöser Gefühle bestraft wird, sondern nur die offene Verhöhnung weltanschaulicher Gemeinschaften. Die ist verboten. Und durch diese Masche schlüpft dieser Film. Juristisch können Sie da schwer etwas machen. Manche werden meinen, mit Juristerei könnte man gegen alles vorgehen, was sich nicht gehört. So ist es nun mal nicht. Wir sollten uns da gar nicht so fürchterlich aufregen, sondern nur feststellen, daß es eine selbstverständliche Folge der allgemeinen Mentalität ist.

Was ist denn viel schlimmer als solch ein Film, meine lieben Brüder und Schwestern? – Daß tagtäglich, und zwar brav, regelentsprechend, hübsch legal und gesetzmäßig, der Neue Ordo gelesen wird im Sinne einer Gemeinschaftsveranstaltung. Das ist der eigentliche Top-Skandal, viel schlimmer – ich schreibe das auch in meinem Rundbrief – als alle Exzesse, die es heutzutage gibt. Schlimmer als Fastnachtsmessen, schlimmer als Meßfestivals, schlimmer als all diese Sperenzchen, die bei Kindergottesdiensten gemacht werden, wo Tiere und Goldhamster und Schäferhunde geknutscht werden und gesegnet werden und was weiß ich nicht alles, schlimmer als all das ist das regelrechte, brave Gebaren sogenannter "konservativer" – durchaus gläubiger – Priester, die unter ach so vielem leiden – durchaus leiden –, was nicht in Ordnung ist, aber gehorchen zu sollen vermeinen und dadurch diese neue Form der Messe dauernd gebrauchen, hübsch wie es die Vorschrift verlangt. Das ist die eigentliche Katastrophe!

Und darum konzentrieren Sie sich auf die zentrale Falschideologie! Lesen Sie daraufhin noch mal den katholischen Test, das kleine Büchelchen, das kleine Heftchen, obwohl ich jetzt ein Buch schreibe, von dem ich mit einer Hoffnung gegen alle Hoffnung hoffe, daß es gelesen wird. Es wird ja kaum noch was gelesen. Aber bei so kleinen Schriftchen hat man wenigstens noch die Aussicht, daß sie gelesen werden. Wenn die Leute schon Bücher sehen und ganzseitig bedruckte Blätter, dann werden sie ja schon abgeschreckt zu lesen, weil sie vom Fernsehen verdorben sind. Es ist ja bequemer, das Fernsehen anzugucken. Wir sind ja auf dem Eilmarsch zum allgemeinen Analphabetentum, aber nicht zu dem guten Analphabetentum der naiven Menschen, sondern zum schlechten Analphabetentum der geistig Verdorbenen. Wir sind auf dem Galoppritt dahin. – Also diesen katholischen Test oder das Heftchen "Es könnte einer bekehrt werden". Ich weise auch auf die Schriften hin. Auf das Buch von Dr. Krämer-Badoni "Revolution in der Kirche" habe ich immer hingewiesen. Hoffentlich lesen Sie das ein paarmal und immer wieder – man vergißt ja schnell heutzutage –, damit Sie die Katastrophe immer wieder vor Augen haben. Da liegt's, nicht daß da irgendein verrückt gewordener Kaplan oder Pfarrer ein auffälliges Brimborium veranstaltet. Das ist nicht das Schlimmste. Wenn es sich nur um gehäufte Exzesse handelte, um chaotische Einzelfälle, die noch so häufig wären, ach, dann könnten wir ja glücklich sein! Aber dieser progressistische Alltag, dieser ruhige, gemütliche, dort, wo so ein braver Pfarrer jeden Tag zum Volk hingewandt ununterbrochen sein Deutsch daherredet, ganz genau, wie es verordnet ist: Das ist die eigentliche Katastrophe, eine viel schlimmere als zum Beispiel dieser – in der Tat – fürchterliche Film. Noch schlimmer ist der progressistische Alltag. So müssen Sie es sich bitte merken.

Nun, es hängt durchaus mit dem hl. Papst Pius X. zusammen, wenn wir über religiöse Kindererziehung sprechen. Er hat die Tabernakel geöffnet, so sagt man, für die kleinen Kinder. Er hat die Frühkommunion empfohlen und gefördert, nicht befohlen und verordnet, sondern, wie es richtig – auch aus seinem Munde – heißt, empfohlen und gefördert. Denn so etwas kann man nicht befehlen. Das richtet sich nach dem Status. Wie ist es mit dem Kind? Wie ist es gediehen? In welcher Atmosphäre lebt es? Davon hängt es ab, ob man eine Frühkommunion riskieren kann.

Und nun, im Anschluß auch an den Sonntagsbrief, einige grundsätzliche Dinge, meine lieben Brüder und Schwestern. Ich weiß, daß sich das so, wie ich es als im Grunde notwendig hinstelle, leider nicht überall praktisch durchführen läßt. Das weiß ich auch. Aber man muß wenigstens wissen, wie es eigentlich sein sollte. Und wer es bisher anders getan hat, der braucht deswegen nicht schamrot und auch nicht böse zu werden, denn ich mache keine Vorwürfe. Wer es bisher anders gemacht hat, hat das ja mit dem besten Willen getan.

Kinder in der Messe, fünf-, sechs-, siebenjährige Kinder in der Hl. Messe: es ist ganz klar, daß sie, von Ausnahmen einer besonders geduldigen Staunensfähigkeit, Dauerfähigkeit zum Staunen abgesehen – von solchen Ausnahmefällen abgesehen –, sich gesunderweise entsetzlich langweilen und Marterqualen erdulden. Daraus folgert man: Also muß die Messe kindgemäß gestaltet werden. Und das ist falsch! Die Messe kann und darf nicht kindgemäß gestaltet werden. Denn Messe ist Messe, unantastbar, ungestaltbar! Die Hl. Messe ist – aus! Also muß ich das Kind messegemäß machen und nicht die Messe kindgemäß. Ich muß also beim Kind anfangen, es für die Messe wach, geeignet, aufnahmefähig zu machen. Das ist ein langer, geduldiger Prozeß, bestimmt nicht so, daß ich das Kind möglichst früh hineinschleife in die Messe, damit es sich daran gewöhnt. Das ist ja das Schlimmste, was überhaupt passieren kann, wenn es sich an die Messe gewöhnt! Diese Gewöhnung kann man nur insoweit positiv verstehen, als man sich fürchterlich unwohl fühlt, wenn man an einem Sonntag mal nicht zur Messe hat gehen können. Das ist etwas anderes. Aber an die Messe selber sich gewöhnen, so als etwas ansehen, was so zum Sonntag gehört wie der Braten, wie das besonders gute Essen oder wie der Besuch auf dem Fußballplatz oder was weiß ich nicht alles oder wie der gemeinsame Familienspaziergang: das soll man gerade nicht! Man sollte nicht die Messe so in das allgemeine Sonntagsschema hineinnehmen, als wäre das irgendetwas neben anderem. Das wäre eine schlechte Gewöhnung. Gewöhnung ist in diesem Zusammenhang ein Übel. Lesen Sie auch unter diesem Aspekt in meinem Rundbrief, das, was ich da abermals über die Stehkonvente schreibe. Das ist auch so etwas, was stark nach Gewöhnung riecht.

Also: Das Kind zu gewöhnen, damit aus den Marterqualen schließlich so etwas wird, das an einem vorüberfließt, wenn das Kind schließlich eine seelische Hornhaut bekommt und sich an diese Qualen gewöhnt, das ist genau die falsche Weise, das Kind in die Messe einzuführen; denn die seelische Hornhaut, mit der es schließlich diese Qualen erdulden kann, ist genau das Allerschlimmste, was passieren könnte! Es soll diese seelische Hornhaut nicht bekommen. Und darum soll man das Kind auf die Hl. Messe vorbereiten.

Wie bereitet man denn das Kind auf die Hl. Messe vor? Wie erzieht man es überhaupt religiös? Bestimmt nicht durch eine Häufung religiöser Aggressionen, daß man also von morgens bis abends den "lieben Heiland" auf den Lippen hat, wenn man mit dem Kind spricht – das ist schon mal ganz falsch –, und daß man ununterbrochen religiöse Geschichten erzählt; sondern wichtig ist, daß man in dem Kinde, das ja uns Erwachsenen weithin die herrliche Fähigkeit, die Substanz der Menschen- und Geisteswürde, voraushat, das Staunen nämlich, daß man dieses Staunen fördert, entfaltet. Dazu gehört beispielsweise, ganz erheblich, das Erzählen der echten Märchen. Das Kind kann sich nicht satthören an Märchen. Ich meine jetzt nicht die erfundenen Märchen, sondern die ursprünglichen, die geträumt waren. Denn echte Märchen sind Träume, Mitteilungen vom Weltenschicksal, vom Schicksal der verbannten und erlösten Menschheit: "Schneewittchen", "Dornröschen", "Der Wolf und die sieben Geißlein" usw. Das sind ganz gewaltige, kosmische Berichte in Bildsprache gefaßt. Und das Kind erlebt diese Berichte ganz, ganz anders als irgendwelche anderen realistischen Grausamkeitsschilderungen. Die Grausamkeiten, die im Märchen vorkommen, landen in der Seele des Kindes vollkommen, wesentlich anders als die Grausamkeiten, die meinetwegen in Comic-Strips dargeboten werden.

Also: Märchen erzählen. Das Kind hört zu, sperrt Mund und Nase auf. Fernsehen muß für das Kind radikal tabu sein, absolut tabu! Hier und da, vielleicht zweimal im Jahr – das Höchste der Gefühle – kann es sich mal einen Film anschauen; und anschließend muß das dann mit dem Kind besprochen und aufgearbeitet werden, damit es nicht vom Fernsehen ins Bett geworfen wird und dann sich damit in den Träumen herumquält und einen leichten Schlaf hat.

Also: Möglichst das Kind bewahren vor allzuvielen Eindrücken und mit dem Kind alles besprechen und das Kind erzählen lassen. Das erfordert eine ungeheure Selbstdisziplin, geduldig zuzuhören, wenn das Kind erzählt. Das ist schwer, sehr schwer. Das kostet Nerven. Kinder erzählen umständlich. Und da zuzuhören und darauf einzugehen, und zwar nicht etwa "Ei, ei, ei, machst Sachen" oder "Hm, hm, hm, was Du aber da nicht sagst" – das ist genau das Falsche – oder "Ha, ha, ha; ha, ha, ha" – vollkommen falsch –, sondern das ist die Welt des Kindes, und die ist voll ernst zu nehmen! Und ich wiederhole mich, wenn ich sage: Ist unsere Welt, sind unsere Gespräche denn auf so wesentlich höherem Niveau? Wir unterhalten uns über finanzielle Dinge und Erbschaften und über was weiß ich nicht alles für einen Kokolores. Das steht bestimmt nicht auf einem wesentlich höheren Niveau als das, wovon das Kind erzählt.

Also: Auf das Kind eingehen, zuhören und es ernstnehmen und ernst antworten. Denn das Kind nimmt es ernst, meint es ernst. Das gilt für alle. Und das will ein Kind haben, übrigens auch in der Seelsorge, nicht etwa den unbedingt fußballspielenden Kaplan – das ist doch alles Quatsch –, sondern den Kaplan, den Seelsorger, von dem das Kind spürt, hier von dem werde ich ernstgenommen, der unterhält sich mit mir. Und dann das, was das Kind bedrückt und bewegt, hineinnehmen ins Gebet und immer mal wieder dem Kind etwas sagen von Gott und von Christus.

Aber: Willst du was gelten, mach dich selten! Wenn man ununterbrochen davon redet, wird's wertlos. Es muß den sakralen Charakter der Seltenheit gewinnen, damit es entsprechend ankommt. Und irgendwann macht man dann das Kind gespannt und erzählt ihm etwas von dem Größten, was es im Himmel und auf Erden und zwischen Himmel und Erde gibt: vom hl. Meßopfer. "Wo geht ihr denn hin?" – "Ja, da kannst du noch nicht mit. Das ist das Größte und Herrlichste. Das verstehst du noch nicht." – Jetzt wird das Kind gespannt. Man erzählt ihm immer mehr davon, immer mehr. Schließlich sagt es: "Ach laßt mich doch mal mit." – "Nein, nein du darfst noch nicht mit." – Und irgendwann nimmt man es dann mit. Und dann staunt es. Und dann nimmt man es natürlich zu sich. Man läßt es nicht vorne hin zu den anderen Kindern gehen, sondern man nimmt es zu sich und raunt ihm dann zu, was gerade am Altar geschieht. Und wenn es dann das nächste Mal wieder mitgehen will: "Nein, nein, noch nicht. So schnell geht's noch nicht." Und dann so langsam, immer häufiger, bis es dann schließlich immer hingeht, angefüllt und immer wieder angestoßen, daß es das Ungeheuerste, Erregendste mitmacht – was heißt "mitmacht", das ist falsch ausgedrückt – erfährt, empfängt, schaut, was es überhaupt geben könnte in alle Ewigkeit. In alle Ewigkeit wird es nichts Größeres geben als die Hl. Messe! Das ist schon der Himmel! Deshalb sollte man verhüten, es für Kinder zur Hölle oder zum Fegfeuer zu machen und Schwielen in die Seele des Kindes zu brennen, damit es nachher diese Höllen besser aushalten kann, wie die geübte Hausfrau, die glühendheiße Eier anfaßt, ohne sich zu verbrennen. So nicht – sondern die Sensibilität, gerade die Sensibilität, die Dünnhäutigkeit für dieses Ungeheure muß gewahrt und gefördert werden. Und dann entscheidet sich je nachdem, wann es zur Kommunion gehen kann. – "Ja es versteht ja noch gar nicht." Das verstehen wir ja alle nicht. Das Kind muß verstehen, daß es noch nicht versteht. Dann versteht es! Das Kind darf nicht meinen, das wäre so ein Plätzchen, was es da vorne bekommt, sondern muß wissen, das es ein Geheimnis, ein staunenswertes, unaussprechliches Geheimnis ist. Dann ist es reif.

Das sind Grundsätze für die Kindererziehung – ganz wichtig –, Kinder in der Hl. Messe. Daß sich das nicht überall durchführen läßt – gut. Aber wer weiß, daß das die Norm ist und daß das das Eigentliche ist, wird, wenn es sich nicht anders machen läßt, doch sein Möglichstes tun, den mit der Gewöhnung verbundenen Schaden so gering wie möglich zu halten.

Das ist das, was wesentlich dazu zu sagen wäre. Sehen Sie, es gibt da altersmäßig keine Normen. Ich werde oft gefragt: "Was meinen Sie?" Ich kann es nicht so beurteilen, weil die Eltern es einzig beurteilen können. Z.B. heißt es im Kirchenrecht: Ab sieben Jahre besteht die Pflicht, jeden Sonntag die Hl. Messe zu besuchen. Nun, hier soll man keinen Buchstabendienst leisten. Es gibt etwas, was man "Epikie" nennt in der Erfüllung von Vorschriften. Was heißt Epikie? Epikie ist die Tugend, die geneigt macht, ein Gesetz im Sinne des Gesetzgebers zu erfüllen. Denn es gibt vieles, was der Gesetzgeber nicht berücksichtigen konnte in der Formulierung. Wenn ich also merke, daß ein siebenjähriges Kind noch nicht so weit ist, daß es jeden Sonntag in die Hl. Messe kann, dann verpflichtet selbstverständlich dieses Gebot nicht! Wir sind ja keine Buchstabendiener, sondern Diener des Geistes. So meint es auch der hl. Papst Pius X., im Zeichen des Geistes. AMEN.