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actio spes unica Pfarrer Milch St. Athanasius Bildungswerk Aktuell
30. Monatsbrief zum Evangelium
5. Sonntag nach Ostern (1. Mai 2005): Jo. 16:23-30.

Dieses Evangelium beginnt mitten in Satz 23 des 16. Kapitels im Johannesevangelium, was selten vorkommt, aber den Satzzusammenhang wahrt, sintemal der erste Satzteil deutlich in den vorhergehenden Kontext gehört.

Die trostreiche Verheissung Christi an diesem Sonntag leitet die folgenden Bitt- und Bettage ein, die das Fest der Himmelfahrt einläuten, leider aber aufgrund der Verstopfung des liturgischen Kalenders mit unzähligen Heiligenfesten selten gefeiert werden, obwohl das mindestens in Heiligtümern, in denen mehr als ein Priester am selben Tag die Messe liest, geschehen müsste. Es sind weniger die Prozessionen der Volksfrömmigkeit (Gott möge sie erhalten!) als diese Messen, die zusätzlich das heutige Evangelium erklären und in ihrer violetten Farbe zur rechten Gesinnung auffordern. Wenn wir auch allzu oft vergessen, dass das Dankgebet nach dem Lobgebet das höchste ist, wie die Eucharistie (=Danksagung) höher steht als die Bittprozession, so zeigt uns die Kirche an diesen vier Tagen doch die Bedeutung des Bittgebetes und sogar seine, von Christus erklärte, Notwendigkeit.

Jesus bezieht Sich in dieser Abschiedsrede auf die Zeit nach Seiner Auferstehung, und so erklärt Er, dass auch die Gebete zum Vater – Er Selbst lehrt uns ja das Vaterunser – in Seinem Namen erhört werden. Dies sagt er im Hinblick auf Seine bevorstehenden Verdienste durch Sein Leiden und Seine Kreuzigung, aber auch Seiner Vollmacht nach der Auferstehung.

Bisher war das ja noch nicht möglich, denn die Erlösung ist ja zeitlich noch in der Zukunft, wenngleich in den nächsten Tagen. Jetzt aber sollen sie es mutig tun: "Bittet und ihr werdet empfangen, damit eure Freude vollkommen sei." Es ist wieder die Osterfreude, von der der Herr spricht, eine Freude die in der Gnade wachsen soll, bis zur Vervollkommnung im ewigen Leben. Der wahre Christ ist sowohl im persönlichen Leid, als auch im Mitleid mit anderen und dem Entsetzen über das, was die Welt heute ist, fröhlich, denn er weiss um den unausweichlichen Sieg Christi und den Triumph des Unbefleckten Herzens, den die Muttergottes aus der Weisheit Gottes, begleitet von einem der spektakulärsten Wunder der Kirchengeschichte, prophezeit hat.

Das düstere, freudlose und verbissene Endzeitchristentum so vieler Katholiken heute ist eben nicht, was Christus im Sinne hat. Man erinnere sich an das Evangelium vom Aschermittwoch! Der sensationshungrige, Skandale sammelnde, alles beklagende, alles kritisierende, alles besser wissende Besucher der letzten katholischen Kirche der ganzen Welt kann gar kein wirklich lebendiges Gnadenleben führen, trotz Beichte, Kommunion, Beichte, Kommunion, Beichte, Kommunion..., denn die Fröhlichkeit ist ein Resultat des Friedens und der Friede kann nicht in einem unruhigen Geist wohnen. Wir müssen auf den Himmel ausgerichtet sein, dort ist das Lachen (risus erit in beatis, das Lachen wird in den Seligen sein: Thomas Aquinas, Quol., 11, 6, 1m), nicht auf die Welt, wo es immer mehr Heulen und Zähneknirschen als Vorgeschmack auf die Hölle gibt.

Damit ist Christi Abschiedsrede beendet und auch Sein Sprechen in Gleichnissen. Nicht nur dem Volk gegenüber und den Pharisäern, sondern auch den Aposteln gab Jesus Zeugnis des Vaters in Gleichnissen. Dem Volk gegenüber erzählte Er Geschichten, die eine tiefe Wahrheit ausdrücken, den Aposteln gegenüber eher kurze Vergleiche (Jo. 15:1ff.; 16:21). Er spricht mehr in Bildern als in Geschichten, so bei der Verkündung der Ankunft des Heiligen Geistes (14:23). Christus spricht nicht in Gleichnissen, weil er etwa Idioten vor sich hätte, auch nicht, weil die aramäische Sprache des Abstrakten nicht so mächtig wäre wie Griechisch und vor allem Latein, sondern weil sich viele der übernatürlichen Wahrheiten nur in Gleichnisform einigermassen verstehen lassen. Zum Volk hat er in Gleichnissen geredet, weil es "jenen nicht gegeben ist" zu verstehen (Mt. 13:10ff.), hier aber spricht Er nicht von – für die Apostel verständlichen – Tugenden und Untugenden, sondern von Dingen, die wir, trotz Thomas Aquinas, erst im Himmel wirklich verstehen werden – so möglich.

Was ist nun jene Stunde, da Er nicht mehr in Gleichnissen, sondern unverhüllt sprechen wird? Der manchmal merkwürdige Umgang mit dem Wort Stunde, wie er sich im Alten und im Neuen Testament findet, liesse die Schlussfolgerung zu, dass er Sein zweites Kommen meint, am Jüngsten Tag. Dagegen spricht aber Vers 26. Nach dem Jüngsten Gericht werden wir um nichts mehr bitten müssen. Wenn damit vielleicht auch nicht der Ostertag gemeint ist, so doch mindestens Pfingsten, der Geburtstag der Kirche.

Die offenen Worte spricht Christus auch nach der Auferstehung, "indem er mit ihnen über das Reich Gottes" redet (Apg. 1:3) noch nicht immer, so lässt Er den Petrus den dreifachen Verrat mit der dreifachen Frage nach seiner Liebe büssen: "Weide meine Schafe." Vielleicht meint Christus das innere Vermitteln der sprachlich unbegreiflichen Gotteskindschaft der Apostel durch Seine Erlösungsverdienste. Es dürfte sich gar nicht um sprachliches Verkünden handeln, denn auch zu Pfingsten wurden die Apostel wortlos erleuchtet, wonach sie so viele Ereignisse und Worte Christi verstanden.

Durch Christi Verdienst wurden die Apostel Kinder des Vaters und können in Seinem Namen den Vater direkt anflehen, "denn der Vater selbst liebt euch, weil ihr mich liebt und geglaubt habt, dass ich von Gott ausgegangen bin." Auch hier verwendet Johannes das griechische Perfekt, womit der Satz kaum mehr auf Deutsch volle Bedeutung haben kann. Man müsste die Gegenwartsform hinzufügen, womit es nicht mehr wörtliche Übersetzung wäre. Manchmal kann man substantivisch übersetzen, aber gerade für die Tugend der Liebe nur unpassend. Jedenfalls ist es dieser Zustand des Glaubens und der Liebe, durch den sie Kinder des Vaters sind, da sie ganz in Seinem Sohn aufgehen.

Das heisst nicht, dass Christus nicht mehr für uns eintritt, im Gegenteil, es ist nur für an den Vater gerichtete Gebete nicht mehr Seine Vermittlung nötig. Als Seine Kinder können wir uns also direkt an den Vater richten. Wir danken Gott – hoffentlich! – für die Wohltaten, die Er uns erweist. Wie oft haben wir Ihm dafür schon gedankt?

Jetzt spricht Christus ein wahrhaft offenes Wort: Ich bin vom Vater ausgegangen und in die Welt gekommen. Nun verlasse ich die Welt wieder und gehe zum Vater." In Ewigkeit IST Er beim Vater, weswegen auch Sein Erdenleben bald zu Ende gehen muss, damit Er dorthin kommt, wo Sein Ziel ist. Hier müssen wir in unser Gewissen schauen und prüfen, wie oft, wenn schon nicht ununterbrochen, wir uns dessen eingedenk werden, dass genau das unser Ziel ist; denn unsere Seele kommt ja von Gott, weswegen unser Ziel auch nur Gott sein kann, die causa finalis unseres Lebens, also die Zweckursache. Für den Heiden ist das Leben alles, für den Christen nur ein Wartesaal im Bahnhof zum Himmel, erster Klasse für den fröhlichen und dankbaren oder zweiter Klasse für den weniger dankbaren und finsteren Charakter. Wachsam müssen wir alle sein, damit wir diesen Zug nicht verpassen, dessen Abfahrtszeit nur der Herr kennt.

Die Apostel reagieren freudig auf das offene Wort, vielleicht, weil Christus hier den Zusammenhang kurz und klar bringt. Der Mensch versteht nun einmal Dinge besser im Zusammenhang, da sein Verstand folgert, während der des Engels unmittelbar und vollkommen erfasst. Zudem ist in jedem Menschen der Glaube eine Folge von Ebbe und Flut. Hier haben die Apostel gerade Flut. Beten wir darum, dass wir sie immer haben!!!

Rev. DDr. Gregorius D. Hesse
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