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Geistliches Wort im Juli 2008

10. Sonntag nach Pfingsten – Vom Pharisäer und dem Zöllner

 

1. Der Pharisäer und der Zöllner gegenüber Gott

Was mag wohl Gott gedacht haben, als der Pharisäer sprach: "Ich danke dir, Gott, daß ich nicht bin wie die übrigen Menschen, wie die Räuber, die Ungerechten, die Ehebrecher, oder auch wie dieser Zöllner?" Die göttliche Antwort mag gelautet haben: Du hochmütiger Pharisäer! Mit Worten dankst du mir, in deinem Herzen aber schreibst du dir das selbst als Verdienst zu und sprichst: "Was für ein heiliger Mann bin ich doch!"

Wie steht es mit uns? Gibt es nicht eine Ähnlichkeit? Demütig sind wir in unseren Worten; in unseren Worten schreiben wir Gott alles zu; aber im Herzen wünschen wir, daß man uns die Ehre gebe, daß man uns für heilig, für klug, für geschickt, für fleißig halte; um die Ehre Gottes ist es uns dabei wenig zu tun. Wenn uns Menschen eine solche Verstellung, Selbsttäuschung, eine so heuchlerische Ehrsucht ekelhaft vorkommt: wie viel mehr muß sie das unendlich heilige Auge Gottes verletzen und seinen Abscheu erregen!

Sehen wir den Zöllner. Er mochte vielleicht viel gesündigt haben. Aber es ist ihm leid, er schämt sich, er wagt es nicht, seine Augen zu erheben. "Gott sei mir Sünder gnädig!" Muß diese Demut nicht Gott gefallen? Muß Gott dem Zöllner nicht sofort verzeihen, wie der Vater dem verlorenen Sohn verzieh? Muß er ihn in seiner väterlichen Liebe nicht sofort mit dem Gewande der heiligmachenden Gnade ausstatten?

Nun fragen wir uns. Wem möchten wir gleichen? Dem Pharisäer oder dem Zöllner? Wem aber gleichen wir in unserem Tun? Die Umgebung können wir vielleicht einstweilen täuschen, Gott wird aber immer durchschauen ob es wahre Demut ist oder Stolz und Eitelkeit unser Herz bewegt.

 

2. Der Pharisäer und der Zöllner dem Nächsten gegenüber

Ein solcher Pharisäer wird auch dem Nächsten gegenüber zur Belastung. In seiner Gegenwart fühlt man sich unwohl. Man befürchtet ihn zu beleidigen, wenn man ihn nicht für so heilig, für so klug, für so gelehrt hält, wie er selbst zu sein glaubt. Wenn er über den Nächsten spricht, lobt er ihn vielleicht anfänglich; hintendrein aber kommt dann doch eine herabsetzende Bemerkung. Und er steht wieder selbstgefällig und zufrieden mit sich da.

Muß aber ein solches Herabsetzen des Nächsten und unverhohlenes Prahlen mit den eigenen Vorzügen nicht jedermann anekeln?

Wie liebenswürdig ist da die Demut des Zöllners. Nicht bloß Gott, sondern auch die Menschen verzeihen gern die begangenen Sünden und Fehler, wenn man sie nur demütig und aufrichtig eingesteht, bereut und zu bessern sucht. Mit den Demütigen verkehrt jeder gern.

 

3. Der Pharisäer und der Zöllner gegenüber sich selbst

Der Fluch, welchen der stolze Pharisäer, und der Segen, welchen der demütige Zöllner sich selbst zuzieht, ist ein mannigfaltiger:

Der Stolz des Pharisäers verschließt ihm die Gnaden des Himmels; die Demut des Zöllners öffnet die Schleusen der göttlichen Freigebigkeit. Der stolze Pharisäer wird schwerlich Verzeihung seiner Sünden erhalten; dem Zöllner in seiner Demut dagegen verzeiht Gott mit Freuden, und wären dessen Sünden auch noch so groß.

Infolgedessen ist der Pharisäer in großer Gefahr, ewig verloren zu gehen. Die Demut dagegen wird dem Zöllner unfehlbar zum Himmel geleiten. Der stolze Pharisäer hat von seinen Fasten und Almosen kein Verdienst für den Himmel, denn er verrichtet sie ja, um damit zu prahlen. Der demütige Zöllner dagegen wird, was er tut, wahrhaft für den Himmel tun und im Himmel seinen Lohn empfangen; denn er verrichtet seine Werke für Gott und nicht für das Auge der Menschen. Der Pharisäer endlich findet schon hier auf Erden keinen rechten Frieden; es geht ihm wie dem hochmütigen Aman, der keine Ruhe fand, weil ein einziger Greis aus dem Judenvolke (Mardochäus) sich nicht beugen wollte vor ihm. Der Zöllner dagegen lebt in tiefem Frieden; denn auf Ehre und Ansehen bei den Menschen erhebt er keinerlei Anspruch. Was er aber sucht, das wird ihm zuteil: die Freundschaft und Gnade Gottes. Obendrein aber erhält er oft, was er nicht einmal sucht: die Achtung und Liebe seiner ganzen Umgebung.

 

Mit priesterlichem Segensgruß

Abbé Oliver E. Busse
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