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Geistliches Wort im Februar 2009

Das Ave maris stella

 

Stellen wir zu Ehren der lieben Mutter Gottes diese Betrachtung an über die erste Strophe des Hymnus: "Ave maris stella." Sie lautet:

Ave maris stella,
Dei mater alma
Atque semper virgo,
Felix coeli porta.

Gruß dir, Stern des Meeres,
Gottes Mutter, hehre,
Und beständig Jungfrau,
Sel’ge Himmelspforte!.

Die vier Verse dieser Strophe mögen die vier Punkte unserer Betrachtung ausmachen. Im 1. Präludium sehen wir die allerseligste Jungfrau von Den Höhen des Himmels auf uns herabblicken. Im 2. Präludium bitten wir um Vermehrung unserer Andacht zu ihr.

1. Punkt: "Ave maris stella", "Gruß dir, Stern des Meeres".

Stellen wir uns einen Schiffer vor, der mitten auf dem weiten Ozean umhergetrieben wird. Er hat im Sturm die Richtung verloren, welche er einhalten muß, um Land zu finden. Soll er nach rechts, soll er nach links steuern? Soll er vorwärts, soll er rückwärts fahren? Ratlos steht er da, und falls etwa gar sein Kompaß von den Wellen im Sturme fortgeschwemmt ward, so weiß er nicht mehr, wo Norden und Süden, wo Osten und Westen ist. Es ist Nacht; und wäre es auch Tag, so würden Wolken die Sonne verhüllen. Da zerreißt an einer Stelle des dunkeln Himmels das Gewölk, und ein freundliches Gestirn blickt durch; der Schiffer erkennt ein Sternbild, welches ihm sofort Gewißheit verschafft über die einzuhaltende Richtung. Das Meer ist ein Bild unseres Lebens, in welchem verschiedene Geschicke uns auf und ab treiben. Mancher verliert wohl gar das Kleinod seines Glaubens, diesen sichersten Kompaß. Da taucht unter den Jugenderinnerungen der Gedanke an die allerseligste Jungfrau auf; der Verirrte beginnt wieder, in alter kindlicher Weise die Mutter des Heilandes zu verehren; sein Herz erweicht sich, Maria erfleht ihm bei ihrem göttlichen Sohne die Gnade der Bekehrung; sie wird ihm der Meeresstern, der sicher zum Hafen geleitet Erblicken auch wir in Maria den freundlichen Stern des Meeres! Allerdings haben wir mit der Gnade Gottes wohl nicht den Glauben verloren; aber ein unruhiges Meer ist für uns vielleicht dennoch dieses Leben mit all seinen Freuden und Leiden, seinen Hoffnungen und Enttäuschungen. Blicken wir daher oft vertrauensvoll hinauf zu Maria, dem Stern des Meeres, damit wir stets den richtigen Weg einschlagen! Seien wir beharrlich in der Andacht zu ihr!

2. Punkt: "Dei mater alma", "Gottes Mutter, hehre".

Weshalb denn sollen wir zu Maria so große Andacht hegen, auf sie ein solches Vertrauen setzen? Weil sie die Mutter ist unseres Heilandes Jesu Christi, die Mutter Gottes selbst. Jesus hat uns ja zu verstehen gegeben, daß wir durch Vermittlung seiner heiligsten Mutter von ihm Gnaden erbitten sollen; denn sein erstes Wunder, von welchem die heilige Schrift berichtet, das Wunder auf der Hochzeit zu Kana, wirkte er auf die Fürbitte Mariä. Und gewiß ist es nicht ohne besondere Anordnung Gottes geschehen, daß dieses als sein erstes Wunder uns von der Heiligen Schrift erzählt ward .In der Natur der Sache ist es ja begründet, daß wir nicht bloß unmittelbar von Gott, sondern auch durch Vermittlung seiner heiligsten Mutter Gnaden erbitten sollen; teils damit Gott seine innigst geliebte Mutter durch unsere Anrufung und seine Erhörung ehre, teils unsertwegen, und wäre es auch nur, damit wir durch die Mannigfaltigkeit und Verschiedenheit unserer Andachten vor Ermüdung und Übersättigung in unsern Gebetsübungen bewahrt blieben. Überdies hat Christus am Kreuze in der Person des hl. Johannes seine Mutter auch uns als Mutter hinterlassen, damit wir an die Mutter Gottes, als wäre sie die unsrige, uns wenden sollen. Beten wir also häufig mit Andacht und Vertrauen zu Maria, der Mutter Gottes!

3. Punkt: "Atque semper virgo", "Und beständig Jungfrau".

Es ist katholische Glaubenslehre, daß Maria nicht bloß vor der Geburt des göttlichen Heilandes, sondern auch bei derselben und nach derselben ihre Jungfäulichkeit vollkommen unversehrt bewahrt hat. So groß war ihre Liebe zu der englischen Tugend, daß man wohl annehmen darf, sie habe durch ein besonderes Gelübde Gott ihre Jungfräulichkeit geweiht. Hätte sie ohne dies, obgleich bereits dem hl. Joseph angetraut, dem Engel Gabriel antworten können: "Wie wird das geschehen, da ich keinen Mann erkenne?" Können wir daher in allen Anliegen mit Betrauen zu Maria beten, zu dem Stern des Meeres, zu der glorreichen Mutter Gottes, so müssen wir zu ihr, als der allzeit Reinen, mit besonderem Vertrauen unsere Zuflucht nehmen zum Schutz der englischen Tugend. Zwei Gründe raten uns das: die Natur der Sache und die Erfahrung. Die Natur der Sache rät es; das zeigt uns eine doppelte Erwägung. Erstens nämlich erinnert uns die Anrufung Mariä in Versuchungen gegen die Reinheit an die hohe, englische Reinheit, welche Maria selbst besaß. Schon dieser Umstand entzündet in uns aufs neue die Liebe zur englischen Tugend und den Abscheu gegen das Laster des Schmutzes; wir verachten und bekämpfen alsdann die unreine Versuchung. – Zweitens aber können wir darauf rechnen, daß auch Maria ihrerseits durch ihre Fürbitte sich besonders hilfreich erweist, wenn man sie anruft zur Bewahrung der englischen Tugend und zum Schutze wider das entgegenstehende Laster; denn jene Tugend lag ihr besonders am Herzen, und gegen dieses Laster empfand sie einen besonderen Abscheu. So lehrt uns die Natur der Sache, in Versuchungen gegen die Keuschheit gleich zu Maria zu fliehen. Und die Erfahrung bestätigt die Wirksamkeit dieses Mittels. Oder würden die Seelenführer allgemein die Andacht zur allerseligsten Jungfrau als vorzügliches Mittel gegen die Unlauterkeit so dringend empfehlen, wenn die Erfahrung ihnen nicht gezeigt hätte, daß dies Mittel eine große Wirksamkeit besitzt? Wann immer daher äußere Gefahren, wann immer Versuchungen im eigenen Herzen uns bedrängen: rufen wir zu Maria um Hilfe; nie werden wir vergebens rufen.

4. Punkt: "Felix coeli porta". "Sel’ge Himmelspforte".

Die Krone aller Gnaden ist die endliche Beharrlichkeit. Auch diese Gnade hoffen und erflehen wir durch die Fürbitte der "seligen Himmelspforte". Das lehrt uns abermals die Natur der Sache und die Erfahrung. Beim ganzen Erlösungswert handelt es sich darum, die Menschen glücklich in den Himmel zu bringen und vor der Hölle zu bewahren. Dies ist das Ziel, welches Jesus in seinen ganzen Leben und Leiden sich vorgesteckt hatte; dies ist daher auch das Ziel, welches seiner heiligsten Mutter besonders am Herzen liegt. Vom Himmel blickt sie herab und verfolgt die Pfade der einzelnen Menschen, für deren ewiges Heil ihr göttlicher Sohn sein Leben dahin gab. Voll mütterlicher Besorgnis beobachtet sie, ob diese Pfade auch im Himmel münden werden. Wie innig also wird sie beten, daß niemand verloren gehe! Und wenn wir die Erfahrung fragen: war es nicht meist die Andacht zur lieben Mutter Gottes, welche noch auf dem Sterbebette große Sünder zur Bekehrung brachte? Vielleicht hatten sie bei all ihren Verirrungen dennoch irgend eine fromme Andachtsübung zu Maria aus besseren Zeiten herübergerettet; vielleicht auch hatten andere für sie gebetet zum reinsten Herzen Mariä. Kurz, irgend eine Andacht zur Mutter Gottes war gewöhnlich der Ausgangspunkt für die Bekehrung, und Maria erwies sich hierdurch für den sterbenden Sünder als "Sel’ge Himmelspforte": Sollte sie es nicht um so mehr für uns werden, wenn wir unser Leben lang sie eifrig verehren?

 

Im Kolloquium fassen wir unsere Vorsätze in betreff der Verehrung Mariä zusammen, bitten wir sie um ihren mütterlichen Segen, und bitten Jesus um seinen Gnadenbeistand in Ausführung der selben. Sprechen wir zu ihr: O Maria! du hast bei der Botschaft des Engels eingewilligt, Mutter des Erlösers zu werden! Du hast den Heiland der Welt auf deinen Armen getragen, du hast ihn gehegt und gepflegt! Du bist mit ihm nach Ägypten geflohen! Du lebtest mit ihm lange Jahre in Nazareth! Du standest endlich unter dem Kreuze und opfertest mit ihm seinen Kreuzestod auf für das Heil aller Menschen, auch für mein Heil. Bewirke also durch deine mächtige Fürbitte, daß sein Kreuzestod nicht vergeblich sei für mich, sondern führe als "Selige Himmelspforte" mich dermaleinst zu deinem göttlichen Sohn in den Himmel! Wir betrachten (somit) in den vier Punkten die vier Verse der Strophe:

Gruß dir, Stern des Meeres,
Gottes Mutter, hehre,
Und beständig Jungfrau,
Sel’ge Himmelspforte!.

 

Mit priesterlichem Segensgruß

Abbé Oliver E. Busse
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