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Geistliches Wort im Oktober 2009

Maria, unsere Mutter

 

1. Punkt: Maria ward meine Mutter in Bethlehem

Der Ursprung der einzelnen Teile, aus welchen der Mensch besteht, ist ein verschiedener. Dem Leibe nach stammt er ab von seinen Eltern, die Seele wird von Gott unmittelbar erschaffen und die heiligmachende Gnade, welche ihm das übernatürliche Leben verleiht, wie die Seele das natürliche, diese heiligmachende Gnade wird von Gott seiner Seele eingegossen. Ähnlich ist es bei der menschlichen Natur Jesu Christi. Nur stammte er seinem Leibe nach nicht ab von einem Elternpaar, sondern einzig und allein von der allerseligsten Jungfrau. Maria teilte also ihr Elternrecht und ihre Elternwürde mit keinem andern geschaffenen Wesen; sie ist in vollstem Sinne die Mutter Jesu, des Sohnes Gottes.

Sodann ist Jesus noch mehr als Adam es war: in geistiger Weise das Haupt des ganzen Menschengeschlechtes. Wir alle sind die Glieder seines mystischen Leibes; wir bilden mit Jesus zusammen in mystischem Sinne nur einen Leib, nur einen Menschen im Großen, und als die Mutter dieses ganzen mystischen Leibes dürfen wir Maria betrachten. Sie ist ja die "Mutter der göttlichen Gnade"; diese Gnade aber, welche von Jesus ausströmt, ist gleichsam das Blut, welches alle Glieder seines mystischen Leibes, der Kirche, durchströmt und in ihm zu einem Leibe vereinigt.

Maria ist daher auch in diesem Sinne unsere Mutter. Sie ward es in Nazareth und in Bethlehem. Begeben wir uns also im Geiste nach Bethlehem wie in das Haus unserer Mutter; tragen wir mit großem Vertrauen unserer gemeinsamen Mutter vor, was wir auf dem Herzen haben; bitten wir um ihre Fürsprache in geistlichen und leiblichen Anliegen! Zugleich aber müssen wir bemüht sein, daß wir ihre guten Kinder sind; denn je braver das Kind, um so eher wird es erhört, und je ungeratener das Kind, um so weniger werden seine Bitten bei der Mutter etwas ausrichten. Fragen wir daher ernstlich: Was muß ich tun, was muß ich unterlassen, um Maria, meiner Mutter, immer wohlgefälliger zu werden?

2. Punkt: Maria ward meine Mutter auf Golgatha

So hatte denn Maria ihren lieben Sohn Jesus ernährt und groß gezogen. Jesus hatte sein öffentliches Lehramt geübt und endlich dem bittern Leiden sich unterzogen. Da wollte er vor seinem Ende Maria noch mehr zu unserer Mutter machen, als sie es bereits war; er wollte sein eigenes Kindesrecht einigermaßen auf uns übertragen, wie er ja den hl. Johannes, gleichsam als Vertreter der gesamten Menschheit vom Kreuze herab seiner heiligsten Mutter an Kindes Statt übergab. Der hl. Johannes selbst erzählt uns den Vorgang wie folgt:

Es standen aber bei dem Kreuze Jesu seine Mutter und die "Schwester seiner Mutter, Maria, die Frau des Kleophas, und Maria Magdalena. Da nun Jesus seine Mutter und den Jünger, den er liebte, stehen sah, sprach er zu seiner Mutter: Weib, siehe, dein Sohn! Hierauf sprach er zu dem Jünger: Siehe, deine Mutter! Und von derselben Stunde an nahm der Jünger sie zu sich." Mit welcher Liebe und Sorgfalt wird Johannes die liebe Mutter Gottes gepflegt haben, da sie nun seine Mutter geworden war! Und mit welch mütterlicher Liebe war wohl Maria dem hl. Johannes zugetan, da ihr Sohn Jesus ihn statt seiner zu ihrem Sohne bestimmt hatte!

Stellen wir uns vor, wir wohnten wie Johannes mit Maria in einem und demselben Hause und könnten täglich mit ihr verkehren. Wie würden wir bemüht sein, ihr Freude zu machen! Nun sie sieht ja im Himmel auf uns herab, gerade so, als wäre sie bei uns; wir können ihr also auch jetzt die Freude machen, daß wir eifrig nach der Vollkommenheit streben; wir können sie ebenso um ihre Fürbitte angehen, denn der Glaube lehrt uns, daß Gott den Heiligen unsere Gebete zu ihnen kund tut, damit sie für uns bitten. Ich kann also jetzt Maria ebenso gut anrufen, als wenn ich täglich mit ihr zusammen wäre, wie der hl. Johannes es war. Sie ist ja meine Mutter, sie ist das besonders auch unter dem Kreuze auf Golgatha geworden: deshalb will ich mit großem Vertrauen zu ihr beten.

3. Punkt: Maria ist meine Mutter im Himmel

Als Maria nun endlich in den Himmel einging, da ward ihre Mutterliebe zu uns eine noch weit innigere. Vom Himmel herab überschaut sie beständig das ganze Menschengeschlecht. In jedem einzelnen auch in mir, erkennt sie ihr Kind, weil einen Bruder ihres Sohnes Jesus Christus und ein Glied an dessen mystischem Leibe. Sie erinnert sich an Nazareth und Bethlehem, wo sie Mutter Gottes und Mutter des ganzen Menschengeschlechts ward; sie erinnert sich an Golgatha, wo sie ihren innigstgeliebten Sohn am Kreuze aufopferte für das Heil aller übrigen Menschen, auch für mein Heil, und wo Jesus ihr den hl. Johannes, und in Johannes das ganze Menschengeschlecht, statt seiner an Kindes Statt übergab. Und mit mütterlicher Sorgfalt blickt sie herab auf ein jedes ihrer Kinder, auf ein jedes Glied dieser großen Gottesfamilie, deren Mutter sie ist. Während ihres irdischen Lebens hatte sie noch andere Sorgen und Mühen, wie ein armes, demütiges und arbeitsames Leben sie mit sich bringt. Jetzt aber ist ihre ganze Sorge darauf gerichtet, durch ihr Gebet ihre sämtlichen Kinder auch mich, glücklich in den Himmel zu geleiten. Welche Freude für sie, wenn man ihr durch Anrufung ihrer Fürbitte Gelegenheit bietet, uns Gnaden zu erbitten! Welche weitere Freude, wenn man treu mitwirkt mit den Gnaden, die sie uns erbeten hat! Welche Freude auch, wenn wir bemüht sind, andere verirrte Kinder ihr zuzuführen, sei es durch unser Gebet, sei es durch unser sonstiges Wirken!

O Maria! Du bist ja meine liebe, gütige Mutter; gib, daß ich immer würdiger werde, dein Kind zu heißen! Gib, daß ich deiner Mutterliebe mir stets inniger bewußt werde, damit ich in allen Nöten des Leibes und der Seele mit großem Vertrauen stets meine Zuflucht nehme zu dir, und daß ich endlich zu dir in den Himmel gelange!

 

Mit priesterlichem Segensgruß

Abbé Oliver E. Busse
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