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Geistliches Wort im April 2014

Mannestugend im Licht der Eucharistie

Demut

"Er erniedrigte sich selbst." Phil 2,8

Wenn wir das allerheiligste Altargeheimnis empfangen, sollen wir da mehr Jesu Hoheit oder Jesu Niedrigkeit bewundern? Sollen wir mit den Engeln seine verborgene Herrlichkeit anbeten oder staunend vor dem Nichts stehen, in das des Herrn Herrlichkeit – Brotsgestalt annehmend – versunken ist? Wir wollen beides betrachten, sein Hoheit und seine Niedrigkeit. Gottesgestalt ist ihm eigen; er entäußert sich ihrer, nimmt Knechtsgestalt an: er erniedrigt sich, wird gehorsam bis zum Tode. Wir betrachten heut die Tugend der Demut, um sie vom ihm zu lernen; folgen ihm nach auf seinen Demutsweg zur Höhe. Zwei Punkte also:

I. Jesu Hoheit und Niedrigkeit
II. Nachfolge Jesu

Jesus, sanft und demütig von Herzen, bilde mein stolzes Herz nach deinem demütigen Herzen!

Jesu Hoheit und Niedrigkeit

Was sollen wir von der Hoheit Jesu viel sagen? Jesus ist Gott. Das sagt alles. Wohl ist die Natur jetzt im November wie sterbend; aber wie schön waren die Fluren, die Auen, wie schön die Blumen und die ganze Sommerpracht; wie schön auch jetzt noch die spätherbstliche Schöpfung, die sich zum Schlafen anschickt, um gar bald zu neuen Wundern zu erwachen, wie schön die Sterne in ihrer Unermeßlichkeit und Pracht; wie schön der Mensch, die Krone von allem! Wie schön muß wohl der sein, der dies alles gemacht als schwacher Abglanz seiner eigenen göttlichen Schönheit! O ihr kennt ihn, meine Lieben, den Herrn der Welt! Von Jesus, an den wir glauben und den wir hier verhüllt anbeten, von dem schreibt sein Liebesjünger: alles ist durch ich gemacht und ohne ihn ist nicht gemacht von dem, was geschaffen ist! Ihn beten die Engel an und sind unendlich glücklich, weil sie ihn von Angesicht schauen dürfen, und der Vater ist mit ihm und dem Heiligen Geist von Ewigkeit der eine gewaltige große Gott, unerreichbar unsren Gedanken (Jer 32, 19)!

Und dieser Gott will menschlichen Gedanken erreichbar werden. Desecendit de caelis. Er stieg herab von seiner Höhe, viele tiefe Stufen. Er entäußerte sich seiner Gottesgestalt. – Engelsgestalt hätte er annehmen können? Nein, tiefer herab, er nahm Menschgestalt an. – Vielleicht die Gestalt eines ruhmreichen Helden, so wie Adam als vollendeter Mann ins Leben trat? Nein, tiefer herab; er nahm Kindesgestalt, so arm, heimatlos, verfolgt, wie sonst kaum ein Erdenkind. Da er heranwuchs, nahm er Knechtsgestalt an. Noch tiefer: er erniedrigte sich selbst und ward gehorsam bis zum Kreuzestod. Wie ein Knecht? Nein, wie ein Wurm und nicht wie ein Mensch, keine Gestalt ist an ihm noch Schönheit; wir sehen ihn, den Verachteten, den Geringsten unter den Mensch – und sein Angesicht mit Schmach bedeckt (Ps 21).

Oder gab es eine Stufe, die in noch tiefere Erniedrigung hinabführte? Denn an der Krippe erklang immerhin das Gloria und leuchtete der Stern; und hier am Kreuz huldigten ihrem toten Schöpfer die Sonne mit Verfinsterung, die Erde mit Beben und die Felsen mit Zerspringen. In seiner Demut aber ersann Jesus eine tiefste Stufe der Erniedrigung: er nahm Brotgestalt an und ist so unsere Opferspeise geworden. Ganz wehrlos hat er sich hier gemacht, ganz und gar in die Hände der Priester und aller Menschen gegeben, gleichviel ob es gute oder böse oder gar Verbrecher sind.

Nachfolge Jesu

O Jesus im Sakrament, was wolltest du damit sagen, daß du allmächtiger Gott so klein, so winzig, so niedrig geworden bist? – Seine Antwort: Kommt zu mir alle und lernet von mir Sanftmut, Demut, Niedrigkeit (Mt 11). Es führt kein anderer Weg zur Höhe als Niedrigkeit. Kommt und folget mir nach! – das fällt nun der menschlichen Natur schwer. Denn in jedem Menschen steckt etwas von Satan, der sich vor Gott nicht demütigte, etwas vom alten Adam, der sein wollte wie Gott. Durch solchen Hochmutgeist wird aber das rechte Verhältnis zu Gott und zu den Menschen gestört. Demut vor Gott und Demut vor den Menschen müssen wir also in der Nachfolge Jesu lernen.

Es gibt Menschen, die von einem lächerlichen Hochmut erfüllt sind. Ach, ein kleiner Kieselstein von einem kleinen David genügt, und der große Goliath liegt vor den Kopf getroffen im Staube. Du Tor, was hast du denn, das du nicht von einem Höheren empfangen hättest? Hast du es aber empfangen, was rühmst du dich, als hättest du es nicht empfangen (1 Kor 4,7)? Vor Gott bist du wie ein Nichts. Im Gloria der Messe wird so oft die Demutskenntnis verkündet: Tu solus sanctus, tu solus Dominus, tu solus Altissimus – du allein bist heilig, du allein der Herr, du allein der Allerhöchste! Und du, Mensch? Ja erkenne deine Armseligkeit, dein Nichts vor Gott, sei demütig und juble mit David: mein Gott bist du, weil du meiner Güter nicht bedarfst (Ps 15,2)!

Diese Demutsgesinnung soll in eurem religiösen Leben auch äußerlich zum Ausdruck kommen. Beuge doch das Knie, wenn du in seinem Hause kommst oder gehst, kommunizierst oder betest; das soll jedes Mal bedeuten, daß du dich vor Gott klein machen, verdemütigen willst; daß du also anerkennst seine Herrschaft und deine Dienstpflicht; seine Schöpfergröße und deine vollständige Abhängigkeit von deinem Herrn und Gott. O du großer Gott, lieb mich vor dir im Staub auf meinen Knien; damit allein schon soll alles gesagt sein!

Doch nein, ihr sollt mehr tun als nur stumm knien vor Gottes Größe. Ihr sollt auch eure Lippen öffnen, eure Hände falten, beten. Das Beten ist ein neuer Ausdruck der Demut. Wer richtig betet, der tut ja alle Ehre weit von sich und gibt Gott allein die Ehre, Beten wir also mit dem demütigen Völkerapostel: Ihm, dem König der Ewigkeit, dem unvergänglichen, unsichtbaren, alleinigen Gott sei Preis und Ruhm (1 Tim 2,17)! Sprechen wir mit dem göttlichen Lehrmeister der Demut all die Bitten, deren Erfüllung über unsere Kraft hinausgeht; unser tägliches Brot gibt uns heute, vergib uns unsere Schuld, führ uns nicht in Versuchung, erlöse uns von allem Übel! Dem Hochmütigen fällt das rechte Beten schwer, weil gerade im Gebet Gottes Allmacht und unsere Hilfsbedürftigkeit so klar zum Ausdruck kommen. Deshalb widersteht Gott dem Hochmütigen, dem Demütigen aber gibt er seine Gnade.

Schaut doch nur das Beispiel des Zöllners im Tempel; wie er sich demütigt und betet! Wie er seine Schuld bekennt! Diese Demutsprobe des Schuldbekenntnisses müßt auch ihr immer wieder ablegen. Es ist etwas Großes, in stiller Gewissenerforschung zu finden, daß wir Sünder sind vor Gott; daß wir also nicht recht hatten und nicht recht taten; daß wir uns schämen müssen vor Gott und vor den Menschen. Aber noch viel größer ist es, sich im Bewußtsein unserer Schuld vor einem Priester hinzuknien und ihm so viel Erbärmlichkeit zu offenbaren. O ja, wenn du gesündigt, durch Sünden dich gegen Gott frevelnd erhoben hast, dann ist es ganz in Ordnung, daß du dich verdemütigst und Buße tust. Betrachte das Bußsakrament immer als ordnungsgemäße und selbstgewählte Verdemütigung, als Schule öffentlicher Demut als wunderbarer Weg aus Sündenhochmut zur wiedererlangten Kindschaft Gottes.

Dann kommt und empfangt den ganz demütig gewordenen Gottmenschen in Brotgestalt. Vor solcher göttlicher Demut muß aller menschlicher Hochmut schweigen. Ja Herr, in aller Demut bekennen wir, daß wir in den Kämpfen und Heimsuchungen des Lebens oft schwach sind und ohne dich nichts vermögen. Wir brauchen dieses Brot der Starken, um an deiner Kraft, an deinem Sieg über die Welt teilzunehmen. Wenn dann doch wieder die Schlange uns mit ihrem Hochmutsgeist wieder Gott und Welt erfüllt, wenn der alte Adam in uns nicht mehr glauben und dienen will, dann sei die Demutsspeise von heute unsere Hilfe. In der Kraft dieser Speise wollen wir uns selbst verleugnen, täglich unser Kreuz auf uns nehmen und treu dir nachfolgen.

Wird diese tiefreligiöse Demutsschule nicht auch dein Verhalten gegen die Mitmenschen nachhaltig beeinflussen? Es gibt auch eine falsche Demut, die besonders bei Männern widerlich wäre. Ein katholischer Mann darf sich durchaus nicht alles gefallen lassen. Er wird zwar nicht bei jeder Unbill aufbrausen und seinen Gegner vor den Richter schleppen, aber er wird doch mit Ruhe und Entschlossenheit für seine Ehre, sein Recht, seine Familie eintreten. Ganz besonders wird er eintreten für die Rechte Gottes und der Kirche. Ängstliches Schweigen und schmähliches Einducken ist ja nicht Demut, sondern Schwäche; nicht Tugend, sondern Sünde. Schüchternheit und Kleinmut und Verzagtheit haben nichts mit Demut zu tun, sondern stammen aus der Menschenfurcht und führen zum Untergang der christlichen Familie, der christlichen Schule, der christlichen Presse, der christlichen Sitte, mit einem Wort: zum Untergang der christlichen Sache. Wohl führt die Demut zur Erkenntnis unserer Schwachheit, aber auch zur Erkenntnis unserer Stärke zu Gott. Ohne Gott vermag ich nicht, mit Gott vermag ich alles. Ich vermag alles in dem, der mich stärkt (Phil 4,13) – so spricht der Demütige.

Er findet dann auch das rechte Verhältnis zu seinen Mitmenschen. Manche tragen ihren Kopf so hoch, daß sie den kleinen Mann an ihrer Seite gar nicht mehr sehen. Immer reden sie nur von sich, immer zählen sie wie der Pharisäer im Tempel ihre Verdienste auf. Die Gaben und Leistungen anderer gelten nicht in ihren Augen; ihre Selbstüberhebung macht sich blind für fremde Werte. So tappen sie mit ihrer Hochmutskrone durchs Leben, bis sie vor Gottes Richterstuhl erkennen, daß sie arme Sünder sind mit leeren Händen und vielleicht großer Schuld. Memento homo, quia pulvis es – gedenke, o Mensch, daß du auch nicht mehr bist wie deine Mitmenschen: dem Leibe nach Staub, und der Seele nach genau so viel, als du in Gottes Augen wert bist, nicht in deinen Augen und nicht in den Augen deiner Gefolgschaft und deiner Schmeichler.

Sei also nicht stolz, hochfahrend, anmaßend gegen deine Umgebung. Höre gerne, geduldig, dankbar auch auf den Rat anderer und führe nicht immer allein das große Wort. Gewöhne es dir ab, immer recht haben zu wollen. Bleibe gelassen und ruhig bei Kränkungen, verzichte mitunter auf irdische Ehren; verleugne dich selbst; in untergeordneter Stellung sei zufrieden mit deinem Stand; in übergeordneter Stellung sie bescheiden, freundlich gegen deine Leute, achte jedermanns Würde und denke, wie Jesus einst ein Kind in den Kreis seiner Jünger stellte: wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, könnt ihr nicht in das Himmelreich eingehen! Vielleicht wird dein letzter Untergebener einmal im Himmel größer sein als du! Sei demütig!

Sei demütig! Denn die Demut führt zur wahren Größe. Schon hier auf Erden kommt nach dem Zeugnis des Heiligen Geistes Hochmut vor dem Fall (Sprichw 16,18), während der Demütige in dem Gleichnis vom Gastmahl (Lk 14,9) geehrt wird. Es hat da in seiner Bescheidenheit den letzten Platz gewählt. Aber schon naht der Hausvater und geht vor allen Gästen auf diesen Allerletzten zu. "Freund", so tituliert er ihn. Wie da die anderen aufhorchen! Welche Ehre! Und nun gar, was folgt: Freund, rücke weiter hinauf! Qui se humiliat, exaltabitur – wer sich erniedrigt, der wird erhöht werden. Nun erfüllt sich sein Exaltabitur. Der Himmel gehört den Demütigen; für die Stolzen ist der Himmelsweg zu steil und schmal, die Himmelspforte für ihre Aufgeblasenheit zu eng und niedrig. Rücke weiter hinauf, Freund! Hinauf, hinauf bis zum Herzen Gottes – für eine ganze Ewigkeit.

 

Amen.

 

Abbé Busse
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