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Geistliches Wort im Februar 2008
Schild der actio spes unica
 

Zum 1. Fastensonntag

 

1. Das Fasten – eine Übung der Buße

Seit Adam und Eva im Paradiese die erste Sünde begingen, zieht sich ein Drang nach Buße durch das Menschengeschlecht. Man fühlt, daß man sich aufgelehnt hat gegen den Schöpfer, und daß man dafür genugtun, daß man den höchsten Herrn versöhnen muß.

Wenn der Einzelne außerdem noch schwere Verbrechen beging, so läßt es ihn oft keine Ruhe; es drängt ihn, durch freiwillig übernommene Strafen das begangene Unrecht zu sühnen; er fühlt es: entweder muß die Schuld hier auf Erden durch Buße getilgt werden, oder sie wird im Jenseits als Ankläger gegen ihn auftreten.

Mehr oder weniger sind wohl wir alle mit Schuld beladen. Daher hat die Kirche durch Anordnung der vierzigtägigen Fasten eine gemeinsame Bußzeit eingeführt. Christus selbst ist mit seinem Beispiel vorangegangen durch sein vierzigtägiges Fasten in der Wüste, nachdem schon Moses und Elias, als Vorbilder Christi, ein vierzigtägiges Fasten geübt haben. Blicken wie hin auf Jesus, wie der Hunger ihn quält; denn wie die heilige Schrift erzählt, "als er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, danach hungerte ihn".

Sollten wir also nicht ein viel leichteres Fasten nach seinem Beispiel üben? Und sollten wir, falls selbst dieses leichtere Fasten uns durch die Gesundheit verboten wäre, nicht wenigstens andere kleine Übungen der Buße verrichten? Wir sind es ja, die gesündigt haben, die also büßen müssen, nicht Jesus! Erwäge ein jeder für sich, welche Buße er etwa verrichten könnte, möge dieselbe in äußeren Übungen bestehen oder – was noch wichtiger ist – in Verdemütigungen und Verleugnung des eigenen Willens und Urteils.

 

2. Das Fasten – eine Übung der Abtötung

Als Buße soll uns das Fasten von den Sündenstrafen der Vergangenheit reinigen; als Abtötung soll es uns schützen vor den Sünden der Zukunft.

Denn was bringt uns in Gefahr zu sündigen? Was anderes als unsere ungezügelten Begierden. Weshalb fällt der Trinker stets wieder zurück in das Laster der Trunkenheit? Weil er nicht gelernt hat, sich zu bezwingen. Weshalb kann der Spieler der Versuchung zum Spiele kaum widerstehen? Weil er nicht gelernt hat, seine Leidenschaft zu zügeln. Und, um von kleinen Fehlern zu sprechen, würden nicht manche unbedachtsame Reden unterbleiben, wenn man durch die Übung des Stillschweigens sich gewöhnt hätte, seine Zunge stets zu beherrschen?

Darin liegt also die tiefe Weisheit der christlichen Abtötung, daß sie uns einübt, Herr über uns selbst zu sein. Absichtlich müssen wir daher oft gerade dasjenige tun, was unserer natürlichen Neigung zuwider ist; und zwar eben weil es derselben zuwider ist, damit wir Selbstbeherrschung lernen, damit die niederen Begierden in uns der Vernunft und dem Glauben gehorchen, wie ein gut zugerittenes Pferd der leisesten Handbewegung des Reiters folgt.

Üben wir uns nicht in dieser Weise bei erlaubten Dingen in der Selbstbeherrschung, so werden wir bei Versuchungen zu unerlaubten wohl kaum Sieger bleiben. Indem wir also lernen, im Essen und Trinken (was doch an sich erlaubt ist) uns abzutöten, üben wir, die Einwilligung in Sünden zu vermeiden. Welche Vorsätze will ich angesichts dieser Wahrheit für die beginnende Fastenzeit fassen? Sollte mir das eigentliche strenge Fasten durch meine Gesundheit verwehrt sein, so kann ich doch andere Abtötungen suchen, welche Gesundheit und Gehorsam mir erlauben, damit ich durch diese Abtötungen das hohe Gut der Selbstbeherrschung erlange. Hierbei will ich hinblicken auf Jesus, wie er in der Wüste fastet, um meine Übungen der Selbstverleugnung mit den Fasten Jesu zu vereinigen.

 

3. Das Fasten – eine Übung des Gehorsams

Wenn wir lediglich aus eigener Wahl fasten, so fänden wir hierdurch immerhin jene Vorteile der Buße und der Selbstüberwindung, über welche wir im ersten und zweiten Punkte hörten. Da wir das vierzigtägige Fasten aber im Gehorsam gegen die Kirche beobachten, so werden uns hierdurch obendrein auch die Segnungen des Gehorsams zugewendet.

Dieser Segnungen werden sogar in gewissem Sinne jene teilhaftig, welche vom Fasten dispensiert sind; denn indem sie nur auf Grund dieser Dispens, also auf Grund kirchlicher Anordnung, sich dem Fasten entziehen, unterwerfen sie sich der Gewalt der Kirche und üben Gehorsam, und zwar nicht bloß gegen die Kirche, sondern auch gegen Jesus, welcher der Kirche ihre Befehlsgewalt verliehen hat.

Suchen wir also im Geiste dieses liebenden Gehorsams die Fastenverordnungen pünktlich und getreu zu befolgen, soweit wir eben nicht dispensiert sind. Und falls wir dispensiert sind, suchen wir den Ausfall des Fastens zu ersetzen durch doppelten Eifer in Übungen der Demut, der Nächstenliebe und des Gehorsams.

 

Mit den besten Segenswünschen für eine gnadenreiche Fastenzeit

Abbé Oliver E. Busse