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Geistliches Wort im Februar 2012
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"Du sollst Gott, deinen Herrn, nicht versuchen"
Was heißt Gott versuchen? Diese Worte klingen ganz sonderbar; wir wissen ja, daß Gott unendlich heilig ist, daß er also nicht wie wir versucht werden kann, eine Sünde zu begehen. Das also kann nicht gemeint sein, wenn es heißt: "Du sollst Gott nicht versuchen." Wir sehen aber deutlich, was damit gemeint ist, wenn wir das betrachten, was der Teufel dem göttlichen Heiland zumutete. Er sagte zu ihm: "Stürze dich hinab von der Zinne des Tempels; es wird dir kein Leid widerfahren, denn dein Leben ist Gott viel zu kostbar, als daß er zulassen könnte, daß es verloren gehe. Seine Engel werden dich auf ihren Händen tragen, er wird ein Wunder zu deinen Gunsten wirken." Das, was der Teufel vom göttlichen Heiland verlangte, heißt Gott versuchen. Es heißt, den Versuch machen, ob nicht Gott unsertwegen etwas Außerordentliches tun wird, obwohl es nicht nötig ist. Es heißt seine Barmherzigkeit und seine Vorsehung auf die Probe stellen. Das ist die erste und eigentlichste Bedeutung des Wortes "versuchen". Wenn uns der Teufel zur Sünde versucht, so macht er eben auch den Versuch, wie weit unsere Liebe zu Gott geht; er stellt die Stärke unserer Seele auf die Probe. Gott läßt freilich nicht zu, daß der Teufel alle möglichen Versuche mit uns mache, die er machen möchte. Er hätte überhaupt kein Recht, uns auf diese Weise zu prüfen, aber Gott läßt es ihn tun zu unsrem Besten. Gott läßt jedoch nicht zu, daß wir seine Barmherzigkeit und seine Güte auf die Probe stellen. Er erlaubt uns nicht, uns auf sie zu verlassen, außer wenn wir wissen, daß wir das Recht dazu haben. Und doch tun dies die Menschen, selbst Christen, fortwährend. Wie ist dies zu verstehen? Ein Mensch versucht Gott, wenn er sich selbst ohne Not in die Gefahr zur Sünde begibt. Er weiß, oder sollte wissen, daß er sich nicht darauf verlassen kann, daß die Gnade Gottes ihn in einem solchen Falle vor der Sünde bewahre. Er weiß, daß Gott ihm helfen kann, damit er nicht sündige, und daß er es auch früher einmal schon getan hat; aber er weiß auch, oder sollte es wissen, daß Gott ihm unter diesen Umständen eine Gnade nicht versprochen hat, und daß es gar nicht verwunderlich ist, wenn er sie ihm nicht gibt. Dies ist z. B. der Fall , wenn ein Trunksüchtiger, der eine Art Verlangen hat, sein Leben zu bessern, doch in den Schnapsladen geht. Er weiß, daß er die Gnade Gottes dazu braucht, wenn er den Trunk meiden will, und so will er denn sehen, ob ihm Gott diese Gnade geben wird. Es wäre aber gar nicht notwendig, diesen Versuch zu machen, denn er könnte den Trunk vermeiden, wenn er einfach draußen bliebe; und dazu wird ihm Gott gewiß die Gnade geben, sofern er ernstlich darum bittet. Daß sich doch ein solcher, wenn er nahe an den betreffenden Ort kommt, daran erinnerte: "Du sollst Gott, deinen Herrn, nicht versuchen!" – Der gleiche Fall ist es, wenn ein junger Bursche oder ein junges Mädchen sich der Gesellschaft einer Person anvertraut, mit welcher er oder sie schon einmal unzüchtige Handlungen begangen hat. Sie mögen vorgeben, betrübt zu sein über die früher begangenen Sünden, aber es ist nicht wahr. Sie können sich selbst und ihren Beichtvater betrügen, aber nicht den allsehenden Gott, der in ihrem Herzen liest. Niemand kann wahrhaft betrübt sein über seine Sünden, wenn er fortfährt, die große Sünde zu begehen, daß er Gott versucht. Es gibt noch andere Leute, die Gott versuchen. Es sind die, welche ganz ruhig und unbekümmert einen Tag um den anderen, eine Woche um die andere, einen Monat um den anderen in der Todsünde verharren. Solche sprechen bei sich selbst: "Gott ist gut; er wird mir Zeit zur Reue geben.." Gott könnte aber ganz gut einmal zu einem solchen sagen: "Du Tor, wer hat dir das denn gesagt? Diese Nacht noch will ich deine Seele von dir fordern." Er hat gewiß das Recht dazu. Wir aber haben nicht das Recht, auch nur einen neuen Tag zu erwarten. Tun wir es, so versuchen wir seine Geduld, wir stellen seine Barmherzigkeit auf die Probe. Der gegenwärtige Augenblick ist der einzige, auf den wir uns verlassen können. Und doch, wie mancher schläft Nacht für Nacht in der Sünde und vergißt ganz darauf, daß ihn Gott nur gerecht behandeln würde, wenn er den nächtsten Morgen ihn tot finden ließe. Ein solcher denkt gar nicht daran, daß sein ganzes Leben nichts ist als ein langes Gott-Versuchen. Nun heißt aber Gott versuchen, recht betrachtet, seiner spotten; denn es heißt seine Drohungen für Scherz und seine Barmherzigkeit zum besten halten. Gott jedoch, sagt uns der Weltapostel mit heiligem Ernste, läßt seiner nicht spotten. Sollten wir uns also bewußt sein, Gott zu versuchen, indem wir uns sorglos im Zustande der Todsünde oder der nächsten Gelegenheit dazu befinden, dann laßt uns sofort dieses gefährliche Spiel aufgeben: "Du sollst Gott, deinen Herrn, nicht versuchen!"
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