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Beilage zum Rundbrief vom 5. Februar 1980

Glauben war schon immer ein Skandal

Von Rudolf Krämer-Badoni

 

Der Rauch hat sich verzogen, aber das Feuer ist noch lange nicht aus.

Das meiste, was Küng lehrt, wird von der Mehrzahl der katholischen Theologieprofessoren auf der ganzen Welt ebenfalls gelehrt. Der in der Kirche hoch angesehene Karl Rahner z.B. verlangt einen "intellektuell redlichen Glauben", einen Glauben ohne Wundergeschichten, weil ein "historisch" verstandenes Wunder eine geschichtliche Tatsache wäre und gar keinen Glauben erforderte. Die historische Tatsache einer leiblichen Auferstehung müßte ja dann von allen akzeptiert werden.

Wobei diese historisch argumentierenden Denker natürlich übersehen müssen, daß die zeitgenössischen jüdischen Autoritäten das leere Grab akzeptierten und damit erklärten, daß die schlauen Anhänger die Leiche gestohlen hätten. Und mehr noch: Bei Matthäus (28,11) liest man, daß selbst unter den Jüngern, denen der Auferstandene in Galiläa erschien, "einige zweifelten". Historische Ereignisse, die man nur auf göttlichen Eingriff zurückführen kann, sind also für Augenzeugen nicht zwingend; sie können sich eine andere Erklärung zurechtlegen.

Andererseits aber darf jeder, der an die Macht und Erlösungstat Gottes glaubt, dem Zeugnis der Evangelien ohne superkluges Herumbohren einfach vertrauen. Warum sollte Gott aus Liebe eine Tat setzen, die von seinen geliebten Geschöpfen erst nach 2000 Jahren allmählich verstanden wird? Das wäre doch zuviel der Ehre für die Intelligenz unserer Theologen, die ich so schrecklich intelligent gar nicht finde. Sie fummeln an allem herum, was an "heutzutage Unzumutbarem" im Credo steht, und verharmlosen es als bloße Redeweisen primitiver Zeiten.

Das aber heißt, daß nur der zur Küngschen Theologie nein sagen darf, der überhaupt zur modernen, vermeintlich intellektuell redlichen, den naiven Glauben zersetzenden Theologie nein sagt. Und es heißt gleichzeitig: Wenn die von Jesus Christus mit der Lehre beauftragte Kirche sich nicht zutraut, die allgemeine Tendenz der modernen Theologie zur Verniedlichung und Verharmlosung der Glaubenswahrheiten verbindlich zurückzuweisen, dann ist es völlig sinnlos, einen einzelnen Mann wie Hans Küng unter Hunderten und Aberhunderten von gleich denkenden Professoren herauszugreifen und seines Amtes zu entheben. Küng sagt in seiner ehrlichen Direktheit alles das offen, was die anderen unter theologischen Spitzmarken und mit ein paar Schutzklauseln ebenfalls sagen oder andeuten: Dabei geht es übrigens um vieles mehr, als während der Affäre zur Sprache kam.

Wenn aber die Kirche die Pflicht zum Lehramt wieder ernst nehmen will, dann muß sie zuerst einmal den Papst Johannes XXIII. korrigieren, der bei der Konzilseröffnung sagte, Irrlehren sollten nicht mehr verurteilt werden, weil sie sich von selbst in Nichts auflösten. Dann muß die Kirche auch aufhören, sich vor dem sogenannten modernen Menschen zu genieren. Der moderne Mensch lacht nämlich nicht erst heute über "Unzumutbares", er lachte schon auf dem Athener Marktplatz, als Paulus von der Auferstehung zu reden anfing. Die Glaubenswahrheiten waren zu allen Zeiten eine Zumutung, ein Skandalon!

Erst wenn die Kirche allen ihren Theologen unmißverständlich erklärt, daß Jesus Christus nicht reformierbar ist, sondern daß seine Auferstehung und seine Göttlichkeit und seine Macht zur Erlösung und zur Verdammung (jawohl, auch zur Verdammung) zum wortwörtlichen Bestand des Glaubens gehören, erst dann ist sie legitimiert, einen einzelnen Theologen, und nicht nur einen einzelnen, zurechtzuweisen. Die Kirchenführung sollte, bevor sie Hans Küng abweist, all den Unsinn abschaffen, den sie seit dem Konzil von höchster Stelle aus ins Werk gesetzt hat.

Daß nämlich jetzt der Grabenkrieg beginnt und Scharen von "Komitee"-Katholiken einschließlich ganzer Jugendverbände den verbilligten Glauben fordern, das stammt beileibe nicht von Hans Küng, das stammt zuerst und vor allen Dingen von soundsoviel zweideutigen Sätzen des Konzils. Ich werde einiges davon in den nächsten Wochen in Buchform vorlegen. Küng kann sich mit vollem Recht auf das Konzil und auf den von Paul Vl. praktizierten "Geist des Konzils" berufen.

Kann man also die Glaubenssätze nicht modernisieren, nicht dem modernen Menschen anpassen, nicht befreien von "heutzutage unzumutbaren Formulierungen"? Ich sagte vorhin, die Auferstehung war schon für die Athener, die dem Paulus zuhörten, unzumutbar und unmodern. Setzen wir nun das modernste aller Paulusworte an den Schluß: "Ist Christus nicht auferstanden, dann ist euer Glaube nichtig... Stehen die Toten nicht auf, dann laßt uns essen und trinken, denn morgen sind wir tot."

Es geht überhaupt nicht um den einzelnen Hans Küng. Wenn die Kirche als ganze sich nicht wieder aufrafft, dann ziehe ich frei nach Paulus Filetsteak und Bordeaux vor. Ich bin dann der progressivste aller Katholiken.

Aber, so wird mancher Leser entgegnen, ist denn der neue Papst nicht dabei, den unverkürzten Glauben wiederherzustellen? Gewiß, sein Glaube und seine Absichten sind bewundernswert. Da er aber auch jeden einzelnen Satz des Konzils retten möchte, da andererseits sehr viele Theologen gegen sein Eingreifen protestieren, ist friedfertige Einigkeit noch lange nicht in Sicht.

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