Schild der actio spes unica
actio spes unica Pfarrer Milch St. Athanasius Bildungswerk Aktuell

Rundbrief vom 20. September 1984

Meine lieben Brüder und Schwestern in der actio spes unica!

 

Von ganzem Herzen grüße ich jeden Einzelnen und jede Einzelne von Ihnen im Zeichen der heiligen Hoffnung!

Ich versichere Sie meines innigen Gebetes, vor allem die Kranken, Verlassenen, Einsamen, Ratlosen! Ich weiß – umherblickend – welch eine Wüste von Leid und Grauen sich ausbreitet, meist unbemerkt, unter Haupt und Dach der Einzelnen. Setzen Sie, mitten in Trauer und Schwachheit, all Ihre scheinbare Ohnmacht ein für das eine Ziel und vereinen Sie sie mit der Ohnmacht des Allmächtigen, der in Seiner äußersten Machtlosigkeit die höchste Macht entfaltete und den größten Sieg errang.

Jedem Einzelnen sage ich es:

Er ist in Dir, für Dich, der Tiefstvertraute Deiner Not, Der sie zur höchsten göttliche Macht verwandelt, so dass von ihr jene Machtstrahlen lebendigen Wassers fliessen, die er am Laubhüttenfest verhiess!

 

Es gibt – immer erneut muß ich es beschwörend und mahnend wiederholen – zwei grundfalsche Einstellungen innerhalb der Reihen der katholischen Treue:

1.) "Wir leben unser gewohntes 'katholisches Leben'. Wir gehen in unsere gottgewollte heilige Messe aller Zeiten, machen Wallfahrten, beten den Rosenkranz und halten Sühnenächte. Da sind wir zufrieden und zu Hause. – Was im offiziellen Raum der Kirche geschieht – was geht es uns an?! Die sollen doch sehen, wo sie enden! Was einmal im Raume der Weltkirche geschehen wird, das überlassen wir sorglos dem Walten des Heiligen Geistes!"

Hört sich gut an und sieht recht fromm aus; dennoch ist es unverantwortlich und falsch, dem göttlichen Willen widersprechend bis ins Tiefste.

Daß Du zur heiligen Messe aller Zeiten gehst, ist unabdingbar. Und ich wiederhole, daß es im Falle einer Unmöglichkeit, diese gottgewollte tridentinische Form des heiligen Opfers für sich in Anspruch zu nehmen, Gottes Wille ist, am Sonntag vom Kirchgang abzustehen und statt dessen zu Hause sich im Geiste eine angemessene Zeit lang mit dem Opfer des Gottmenschen zu vereinen.

Unabdingbar sind das Rosenkranzgebet, die Lesung der Heiligen Schrift, die sinnvoll durchgeführte Wallfahrt.

Aber ebenso unabdingbar ist das brennende Leiden unter dem allgemeinen Zustand der Kirche in ihrem offiziellen Raum, der verfälscht, entstellt und von beherrschender antichristlicher Ideologie überwuchert ist. Unabdingbar ist die leidende Dennoch-Hoffnung, die mit flammendem Geiste das eine große Datum anvisiert:

Die Wende!

Weil der Zustand der Entstellung im offiziellen Gebaren der Kirche nicht in einer Summe von Skandalen besteht, die es langsam, aber sicher abzustellen und zu vermindern gelte, sondern in einem – von mir nachlesbarerweise von Mal zu Mal wiederholten – Punkt antichristlicher, in wenigen Worten aussagbarer Falschsicht vom Wesen der Kirche, woraus sich logisch-notwendig jegliche Neuerung ergibt, darum wird die Wende in einem Akt höchster Autorität bestehen, welcher die zentrale Falschsicht verwirft und das sogenannte "II. Vatikanische Konzil" als Nicht-Konzil entlarvt. Auf diesen Punkt hin gilt es zu fiebern und zu hoffen; und in diese Hoffnung gilt es hineinzugeben das ganze eigene Leben mit all seinen Leiden, Mühen, Arbeiten und Erfahrungen. –

"Auf den Heiligen Geist zu hoffen" bzw. "Ihm alles zu überlassen" – was heißt das?! Der Heilige Geist schwebt nicht irgendwo, sondern wohnt in DIR!!! IN DIR will Er und nur durch Dich wird Er Seine wirksame Hoffnungskraft entfalten – jene Hoffnungskraft, welche, da göttlichen Wesens, ihre Erfüllung aus sich selbst gebiert, unabhängig von aller innerweltlichen Gesetzmäßigkeit und Erfahrung. IN DIR will der Heilige Geist Seine Gewalt mobilisieren im Maße Deines Willens, ihn zum Einsatz bringen durch beständige Anrufung und durch die Anstrengung, ihn im Zeichen des heiligen Trotzdem in Gang zu setzen! In der Kraft Deines von Ihm entzündeten Willens wird der Heilige Geist Deinem Dasein ein neues Thema und einen neuen Inhalt geben, der da heisst: Nie Aufgeben!!!

 

2.) Die zweite grundfalsche Einstellung, ist um so gefährlicher, als sie sehr dicht am Richtigen liegt. Ein Irrtum, so haben wir es schon öfters erkannt, ist im Maße seines Wahrheitsgehaltes verderblich. Je mehr Wahrheit in einem Irrtum steckt, desto furchtbarer seine Wirkung. – Drücken wir es einmal in krasser Deutlichkeit aus: Wer nur 99% der Wahrheit für sich in Anspruch nimmt, verwirft eben damit die ganze Wahrheit. Denn eine "teilbare Wahrheit" ist ein innerer Widerspruch wie ein viereckiger Kreis. Das Fehlen des 1 Prozent zerstört alles.

Nun kennen wir den berüchtigten progressistisch-ökumenistischen Wahn, der da meint, man könne mit den verschiedensten Weltanschauungen Arm in Arm marschieren, weil jede ja "ein Stück Wahrheit" in sich trage. Aber im "Stück Wahrheit" besteht das Wesen des Irrtums. Die Wahrheit läßt kein "Stück" zu. Sie ist ganz oder gar nicht. Wenn also die 100%ige Wahrheit mit der 99%igen "zusammenarbeitet", stirbt die 100%ige Wahrheit an dieser 99%igen Gesellschaft. Sie verliert im Einvernehmen mit dem Ausfall des unabdingbar notwendigen einen Prozent sich selbst.

Lassen wir den leicht durchschaubaren Irrsinn des modernistischen Ökumenismus einmal beiseite und stellen staunend fest, daß auch in den Kreisen der katholischen Treue höchst gefährliche Wölkchen eines rosaroten Optimismus verführerisch sich wiegen und regen.

Da sind die guten, lieben "treugläubigen" Konservativen. Sie bedauern "durchaus" "so manches", was es heutzutage an Skandalen und Exzessen gibt. Aber sie meinen – und diese Meinung ist der verheerende Wahn, welcher die antichristliche Ideologie des Progressismus im gleißend etikettierten Einmachglas bewahrt und am Leben hält – man müsse "gehorchen", bejahen das ganze sogenannte II. Vatikanische Konzil – akzeptieren die Neuform der Messe und proklamieren es als heilige Pflicht – mindestens im Falle der Unmöglichkeit, die tridentinische Messe zu besuchen – durch Teilnahme am "Neuen Ordo" das Sonntagsgebot zu erfüllen.

Sie bekennen sich mit Nachdruck zum Wortlaut aller Dogmen, widersagen jeglicher "Uminterpretierung", pflegen die Marienverehrung, halten sakramentale Segensandachten und predigen das Evangelium im Sinne der katholischen Tradition.

Man meide sie!!! (Außer man wolle sie bekehren!) Sie bejahen das ganze "Konzil"; sie bejahen den Neuen Ordo. Also verneinen sie die wesenhafte Mitte der katholischen Wahrheit und Wirklichkeit. Weithin ohne es zu wollen und zu wissen, sind sie dem Antikatholischen verfallen

Unter ihnen gibt es wundervolle Menschen, tief leidende Priester – die in der Tat durch ihr subjektiv redliches, wenn auch irriges Gewissen geheimnisvollen Segen wirken (aber das tun auch die Buddhisten und Mohammedaner, wenn sie guten Willens sind), was freilich zu keiner Zusammenarbeit berechtigt. Mit ihnen Kontakt aufzunehmen und Gespräche zu führen, ist notwendig und ist missionarische Pflicht: Gerade diese so Gutwilligen, von Glaubenssehnsucht Erfüllten müssen zur vollen, das heisst einzigen Wahrheit geführt werden!

Aber "Zusammenarbeit"?!!! Nein!

Ohne Wenn und ohne Aber: NEIN!!!

Wer die katholische Wahrheit zu 99% bekennt und annimmt, liefert dem Verderben mit eben diesen 99% Hege, Pflege und Tarnschutz. Eine "Erneuerungskraft" kann er niemals sein!

 

Meine lieben Freunde! Manchmal hat das Verderben in seinen unerleuchteten Feinden seine besten Bundesgenossen.

Beten wir inständig dafür, daß mit Verantwortung beladene junge Verwalter der Geheimnisse Gottes, die teilweise für ihre Reife zu unreif, für ihre Ausgewogenheit zu unausgewogen sind, die rechte Kunst der Unterscheidung unter außergewöhnlicher Einstrahlung des Heiligen Geistes finden! Oben sagte ich: "Die zweite grundfalsche Einstellung ist um so gefährlicher, als sie sehr dicht am Richtigen liegt," Das Richtige besteht, wie betont, in der Notwendigkeit starker Kontakte mit denen, die durch das FAST ihres Katholischseins dem Verderben die nützlichsten Dienste leisten – das "Fast" der "Konservativen". Sie von ihrem Fast zu bekehren hin zum Vollen und Ganzen – und "voll" und "ganz" sind Übersetzungen des Wortes "katholisch" – ist der einzig legitime und notwendige Sinn solcher Kontakte. Dieses Richtige liegt sehr nahe am Allerfalschesten, und das Allerfalscheste heißt: Zusammenarbeit. Sie ist des Teufels. –

Da denke ich zum Beispiel an einen munteren, findigen, cleveren Gesellen, der alle möglichen verderblichen Strömungen freimaurerischer oder halbfreimaurerischer Herkunft durchschaut, Hintergründe aufdeckt, die oben bezeichneten Fastleute bejubelt und zwischendurch auch der Priesterbruderschaft Lorbeeren windet, ohne letzte Konsequenzen zu ziehen. Junge Menschen sind solchen fleißigen detektivischen Publizisten ihrer blendenden Ausstrahlung wegen sehr schnell aufgesessen. – Überhaupt haben wir es nicht nötig, gelobt zu werden. Die Priesterbruderschaft und die ihr verschworenen und assoziierten Gruppen wissen um ihre gottgewollte Position. Komplimente können uns gestohlen bleiben. Wer uns lobt, soll sich uns bedingungslos anschließen, andernfalls ist uns sein Lob uninteressant. —

Von geradezu atemberaubender Torheit sind solche Parolen wie "Wir kämpfen nicht – wir lieben nur!"

Da kann ich nur antworten: "Zeige mir Deine 'Liebe' ohne Kampf, und ich zeige Dir, daß Dein Kampf gegen den Kampf ein Kampf gegen die wahre Liebe ist!" Es gibt keine Liebe ohne Kampf. Der Satz "Wir kämpfen nicht – wir lieben nur!" ist gegen die katholische Wahrheit, gegen das Gesetz des Gottmenschen und gegen Sein Beispiel, gegen das Beispiel einer Myriade von Heiligen, gegen die Engel und – selbstverständlich gegen die Logik.

Da heißt es: "Ja – der Milch, der ist eben eine Kämpfernatur." Wissen Sie, das sind die Einordner. Ich warne vor ihnen! Da ist der eine 'halt' ein 'Ireniker', der andere ein 'Polemiker' etc. Mit derlei Einordnungen zu arbeiten, ist ein Teufelsspiel. Wer mich wirklich kennt, der weiß, daß ich von Natur aus ganz und gar kein 'Kämpfer' bin. Am glücklichsten bin ich in der Kontemplation, im Ausarbeiten hoher Gedanken. Der Kampf gegen die gesammelte Dummheit der menschlichen Gesellschaft ist mir ein Kreuz. Aber wehe mir, wenn ich dieses Kreuz nicht auf mich nehme!!!

Was heißt "Polemiker", was heißt "Ireniker"? Die einzige Frage ist, wann und ob Eirene (Friede) und Polemos (Kampf) inhaltlich fällig und geboten sind oder nicht. Goethes Wort bestätigt sich immer wieder: "Wo Begriffe fehlen, da stellt ein Wort zur rechten Zeit sich ein!" –

Das nächste Mal werde ich auf noch andere Aspekte denkerischer Unzulänglichkeit eingehen. Zum Beispiel auf die politisch sinnvolle und wahrhaft erfolgversprechende Art, die Partei "Das Zentrum" zu fördern – auf Einwände gegen die Wahrheit, daß der Priester als Priester Christus nicht nur "vertritt", sondern ist; auf den von "Pathos" u.s.w.

Gestatten Sie mir ein tiefes Aufstöhnen, meine Freunde! Da hat man es mit den Sedisvakantisten zu tun, die – weithin gegen besseres Wissen – einem falschen Objektivismus frönen, – auf der anderen Seite mit stupidem, selbstgefälligem Muff und wiederum mit sympathiebesessenen, subjektivistisch angehauchten Rundumumarmern, vom Zentralkampf gegen den Progressismus ganz zu schweigen! —

 

Von Herzen wünsche ich Ihnen allen die Fülle der göttlichern Gnaden, unbeirrbare Hoffnung gegen alle Hoffnung und das Nie-Aufgeben!!!

Ihr Ihnen allen im Herrn tief verbundener, dankbarer

 

Pfarrer Hans Milch

 

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