Rundbrief vom 9. November 1986
Meine lieben Brüder und Schwestern,
die ich Sie in der Einheit der gottmenschlichen Offenbarung von Herzen grüße!
Wir sind im "Abseits" und oft genug "zwischen allen Stühlen" – das ist in diesen Zeiten der Dämonie, der Verwirrung, des Nihilismus die Position der Ehre. Wir haben keinen Grund, uns selbst zu bedauern, die wir doch die unverdiente Gnade haben der großen Sendung, der königlichen Sendung, die ewige Wahrheit durch die Flut hinüberzuretten, bewahrend und entfaltend, zubereitend für die Zukunft, die Fehler vergangener Jahrhunderte bereinigend, jene Fehler, die den Einbruch der Zerstörung Anfang der 60er Jahre nicht verursachten, aber ermöglichten.
Wir haben allen Grund, zu trauern – mit der Trauer, die aus der Freude kommt und in die Freude mündet. Denn es ist die Trauer darüber, daß die Allermeisten von dieser Freude nichts kennen und so unendlich arm sind, daß sie um ihre eigene Armut nicht wissen. Darum trauern wir, sind aber nicht traurig, Trauern und traurig sein sind absolute Gegensätze. Die Trauer ist ein belebendes Element der Liebe; die Traurigkeit ist eine lähmende Versuchung des Teufels.
Wir müssen, wie ich zu wiederholen pflege, zwei Hauptgesichtspunkte der einen ewigen Wahrheit unterscheiden, um sie niemals zu trennen. Die All-Einheit des gottmenschlichen Liebesangebotes an mich werde ich nur dann in Wahrheit in mich aufnehmen, wenn ich mich durch sie gedrängt weiß, sie weiterzugeben dem Menschen, der mir begegnet. Die Liebesfülle, die sich in der Christus-Wahrheit ausspricht, erweckt in mir das Organ der Hingabe an den Menschen, die Flamme heiliger Verschwörung: "Ich bin Dein – Du bist mein!" Dieser Liebesschwur steht im Zeichen einer unteilbaren Kettenreaktion. Jegliche Macht dient einzig dieser Liebe. Ich weiß in demütigem Stolz um mein unverdientes Erhobensein in Gott – also will ich diesen demütig-heiligen Stolz ausbreiten von Du zu Du nach Kräften. Ich weiß um mein ungeheures Glück, also will ich es weiterreichen den Gefährten dessen, was ich aus mir selber bin. Ich wahre den Reichtum, den ER mir gibt, um ihn den Genossen meiner eigenen Armut zu reichen. Mein Glück wächst im Weitergeben; es verkümmert, wenn ich mich dem Du verweigere. Christus offenbart Sich mir als das unendliche DU, als Bruder und Freund, um mir den Menschen als Bruder, als Freund, als Du zu offenbaren.
Als Priester zum Beispiel könnte ich hundertmal mit bekennerischem Mut die Geheimnisse der Erlösung bejahen und daran festhalten, die Mysterien in gottgewollter Form vollziehen – würde ich aber den mir anvertrauten Menschen als Untergebenen betrachten, der von den Brosamen leben muß, die von den klerikalen "Geistes-Tischen" fallen, ich würde nie und nimmer in der Wahrheit leben!
Geist ist unteilbar und ist Blut und Feuer der Liebe! Und diese Liebe liefert ihren Test, wenn es um die Einstellung zum Einzelnen geht.
In der Tat – die allermeisten Menschen leben als Masse, als Nummer x und Nummer y, als "ferner liefen" im sechsten Glied im Zeichen der Zahl. Die Christusliebe erweckt den Menschen aus diesem Nebeneinander und Miteinander, aus Zahl und Masse und Mehrheit, aus Zufall, aus Auch und Außerdem in seine von Ewigkeit hergedachte und gewollte Einmaligkeit, aus der waagrechten in die senkrechte Sphäre, aus der Sächlichen ins Personale.
Nur der Priester lebt in der Wahrheit, der sich selbst im Zeichen dieser Sendung versteht. Der Befuchteler eines Kollektivs kann niemals in der Wahrheit leben. –
Das bedeutet nun keineswegs, daß Deine Christusliebe sich nur wahren und entfalten könnte in der äußeren Begegnung mit anderen Menschen. Nein! Gerade die Entfernung bringt die wahre Nähe, und in Deiner Einsamkeit kannst und sollst Du ein bergender Hort sein, ein wärmender Glutofen für die Vielen, die Du hineinnimmst in Dein mütterlich betend-umsorgendes Herz.
Ich wiederhole: Gerade die Entfernung bringt die wahre Nähe! Diejenigen also, welche Gelegenheit haben, in äußerer Begegnung ihr Glück, ihre Freude, ihren demütigen Stolz dem anderen Menschen in Ehrfurcht und diskreter Klugheit mitzuteilen, sollen wissen, daß sie sich immer wieder in Distanz begeben müssen, um von daher den geliebten Menschen wach und wesenhaft in den Blick zu bekommen, ihm wieder in Wahrheit zu nahen. Äußere Nähe blockiert nur allzuoft die Erkenntnis. —
Wir leben inmitten der Brandung der größten Katastrophe, welche über die Kirche in ihrer langen, wechselvollen Geschichte hereingebrochen ist. Und die Katastrophe der Kirche ist unlösbar verbunden mit der Katastrophe unseres Volkes und Vaterlandes. Die Menschen degenerieren zu Eintagsfliegen, die nur dem nichtigen Augenblick der Mode leben, sich also dem Nichts ausgeliefert haben. Ausgelöscht ist die Verbindung mit den Geschlechtern der Vergangenheit, ausgelöscht im Bewußtsein Erbe und Auftrag. Das Zeitlose, Inbegriff der Menschenwürde, ist aus dem Gedächtnis verbannt, Masse ringsum! –
Dies alles wird bewußt vorangetrieben – vor allem durch die verbrecherischen Machthaber an den Schalthebeln der Meinungsmache. Wenn ich von verbrecherischer Publizistik spreche, drücke ich mich absolut sachlich und präzise aus. Wir haben es mit einer Meinungsmafia zu tun. –
Dem gilt es nun das Zeichen des Geistes entgegenzusetzen. Und wer vermag es? "Wir"? Nein.
Du! Noch einmal: Du!
Am wenigsten können die es ausrichten, welche verniedlichen und beschwichtigen – etwa mit dem Hinweis: "Ich bedaure ja auch 'so manches', was sich in den letzten Jahren begeben hat und begibt. Aber..." Dieses einschränkende, von Wesensblindheit zeugende Aber entwertet und macht unfruchtbar noch so wohlgemeinte Einsätze und Proteste. Es geht wahrlich nicht – Sie wissen es, meine Lieben! – um 'so manches', sondern um die eine antichristliche Doktrin von der "Kirche als Beitrag zum kollektiven Fortschritt der Menschheit", um jene Doktrin also, aus der sich der Skandal von Assisi mit logischer Notwendigkeit ergibt und die alles im offiziellen Raum der Kirche verfälscht und durchseucht. Der Skandal, vergessen Sie es nie!, ist das sogenannte "II. Vatikanische Konzil". Wer dieses "Konzil" anerkennt, muß von Skandal zu Skandal torkeln, ob er es will und merkt oder nicht. Fastnachtsmessen, Meßfestivals, die ganzen auffälligen Szenen der ökumenistischen Schmach sind dabei die geringsten Skandale, sondern der progressistische Alltag, die brav und täglich gehorsam absolvierten "Eucharistiefeiern" im neuen Ritus: dies sind die größeren Skandale. Wir sind katholisch! Da ist das Bewahrende und Entfaltende drinnen. "Konservative", die "auch" gegen das eine oder andere sind, interessieren uns nur insoweit, als wir um ihre Erleuchtung beten müssen. —
Kommen Sie doch bitte zum spes-unica-Sonntag am Sonntag, dem 30. November 1986, also am 1. Advent, nach Mainz in den Eltzer Hof zur großen Glaubenskundgebung! Kommen Sie bitte alle, die kommen können, im Zeichen heiliger Bekenntnispflicht in dieser Katastrophenzeit!! Thema heißt: Apostolat und Prophetentum.
An die, welche es vermögen, richte ich wiederum die Bitte: Lassen Sie nicht nach in Ihrer so bewährten und dankenswerten Spendefreudigkeit! Wobei ich wiederhole, daß selbstverständlich jeder stille Beter, der weder spenden noch zu den spes-unica-Sonntagen kommen kann, im vollsten und allergültigsten Sinne zur actio spes unica gehört und gehören soll: –
Aber die es vermögen, an die richte ich meinen flehenden Hinweis: Wir sind immer in finanzieller Not und brauchen für unser Apostolat sehr viel Geld. Jetzt aber sind wir in ganz besonderer Not! Die Last der Schulden und Zinsen droht uns zu erdrücken, wer uns durch ein zinsloses Darlehen helfen kann, den bitte ich innigst, es zu tun! —
In der Herbstzeit vor 28 Jahren verschied der letzte Papst, der seines Amtes im vollen Sinne waltete, der große Pius XII. In der Herbstzeit vor 36 Jahren verkündete er das Dogma von der leiblichen Aufnahme der allerseligsten Jungfrau in den Himmel. Im Herbst leuchtet die Erde von innen. So leuchte aus unserem Inneren die Einzige Hoffnung! – Es segnet Sie alle innigst
Ihr Pfarrer Hans Milch
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