Sonntagsbrief vom 1. Juli 1984
Meine lieben Brüder und Schwestern!
"Einer der Soldaten durchbohrte Seine Seite mit einer Lanze, und sogleich flossen Blut und Wasser daraus!"
Die Frohbotschaft: "Sie werden auf den schauen, den sie durchbohrt haben."
Du und ich – wir durchbohren Seine Seite, das heißt Seine Herzmitte, das, worauf es Ihm an-kommt, Seine Leidenschaft, Seine flammende und freieste Sehnsucht nach Deinem, meinem ewigen Glück in Ihm zum Vater hin! Diese Seine innerste Mitte durchbohren Du und ich durch Deine und meine Gleichgültigkeit. Wir schauen auf die Pflichterfüllung, auf das Tun; sind geneigt, Taten und Opfer aufzuzählen, als ob wir vor Ihm bestehen könnten.
Seine flammende Liebe kümmert uns wenig. Wir gehen an Seiner Liebe achtlos vorüber und halten 1000 andere Dinge für wichtiger. So durchbohren wir Ihn – so achtlos, so gewohnt, so üblicherweise, wie es zur Routine der Soldaten gehörte, zu probieren, on einer schon tot war oder nicht. Wie jener Longinus nachgerade mit gähnender Gebärde, aus Langeweile, dem Leichnam die Seite durchstieß. Longinus – das ist Dein und mein Name! –
Eines aber tut not: Du und ich haben Seine Seite durchbohrt und tun es laufend: Aber dann unter seiner Seite stehen bleiben und zu ihm aufschauen!
Daran liegt alles!
"Herr, Du siehst und kennst meine armselige Gleichgültigkeit! Du weißt um meine tiefste Gemeinheit und wie ich 'zum Bösen geneigt bin von Jugend auf'. Aber nun stehe ich vor Dir und unter der Seite, die ich durchbohrt und ständig durchbohre. Nun schaue ich zu Dir auf und flehe zu Dir: Laß Geist, Blut und Wasser in mich einströmen in Fülle!" –
Es segnet Sie alle Ihr Pfarrer Hans Milch.
actio spes unica · Schulstraße 7 · 65795 Hattersheim |
![]() |