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Niederschrift der Predigt von Pfarrer Milch

2. Advent 1986

Meine lieben Brüder und Schwestern,

 

wir sind bei der Betrachtung der heiligen Liturgie, bei der Opferliturgie, und nun bei der Opferbereitung – ein außerordentlich wichtiger, notwendiger Passus der Liturgie des heiligen Opfers! Wir hörten eben im Evangelium diesen gewaltigen Umtausch, der mit dem Gottmenschen gegeben ist und mit dem Gottmenschentum: "Lahme gehen, Blinde sehen, Taube hören, Tote stehen auf" – dieser Widerspruch, diese heilige Paradoxie: Gott wird Mensch – damit der Mensch vergöttlicht werde; Er wird klein – damit der Mensch groß werde; Er kommt aus der Unendlichkeit in den Raum – um den Raum in die Unendlichkeit hinaufzuheben, was sich z.B. wesenhaft im sakralen Raum verwirklichen und in ihm zum Ausdruck kommen soll; Er kommt in die Zeit – um die Zeit zur Ewigkeit emporzuheben und in der Ewigkeit zu stabilisieren!

Den Austausch eingehen, sich zur Umkehr hin anbieten: das ist das Einnehmen des "Letzten Platzes", das Eingeständnis, daß man "auf Null steht", daß man aus sich NICHTS ist – wie ich immer sage –, allerdings "ein erregendes, ein großes, ein unerhört wichtiges NICHTS", weil dieses NICHTS dazu da ist, daß Gott hineinfällt, hineinkommt. Es ist das fruchtbare NICHTS, aus dem Sterne geboren werden! Dieses NICHTS nehmen wir ein, wartend auf den Ruf "Rücke hinauf!". Der Priester tut es im Namen aller, die guten Willens sind.

Und was ist der "gute Wille"? – Sich auf diesen letzten Platz setzen und seine eigene Nichtigkeit, seinen eigenen Nullpunkt einsehen und einnehmen: "Komm, Herr komm." Deshalb ist es der adventliche, der prophetische Passus in der heiligen Liturgie, kennzeichnend unser Dasein.

Und es ist Tabor. Moses ist da und Elias, die Propheten und es ist da Christus! Es ist anwesend das "Noch nicht" und das "Schon da". Darin besteht das Prophetische. Das Zukünftige, das absolut Sichere wird vorweggenommen und ist schon da, das Vorweggenommenwerden, das Schon-Hineingenommenwerden in die Gegenwart. Christus spricht mit Moses und Elias.

Christus bedeutet: unbefleckte Hostie, Kelch des Heiles! Moses und Elias, im Hinzu, bedeuten: Armseligkeit, unwürdige Diener, unzählige Sünden, Fehler und Nachlässigkeiten! Das bedeutet Moses, das bedeutet Elias. Und sie sprechen von dem Ende, das Er in Jerusalem nehmen soll. Und Petrus und Jakobus und Johannes sind dabei, auf diesem Nullpunkt, ahnungslos hinschauend "hier ist gut sein" und doch noch nichts verstehend. Das Ende, das Er in Jerusalem nehmen soll das ist die Wandlung, das ist die heilige Erfüllung! Da schlägt sich das ewige, innerdreifaltige Liebesgeschehen um ins Zeitliche. Und das Zeitliche wird hinaufgenommen in die Ekstase der Hingabe des Sohnes zum Vater, der in der Gestalt der menschlichen Natur zum Opfer wird. Und es ist schon Opfer da.

Dennoch rede ich nicht gerne von "Opferung", sondern von "Opferbereitung". Denn zunächst ist es das Sich-Hinhalten, Sich-Darstellen, Sich-zur-Verfügung-Halten, Sich-Einschalten in den Umtausch, den letzten Platz, den Bettlerschemel beziehend in der Erwartung, das er sogleich zum Königsthrone hin verwandelt werde. Und schon ist vorweggenommen das Verheißene in die Gegenwart. Es ist also in der Opferbereitung Tabor. In der Opferbereitung müßten Moses und Elias, überhaupt die Propheten, dargestellt sein. Es fehlen in unseren Kirchen die Darstellungen der Propheten. Es müßten auch dem Elias und dem Moses, dem Isaias usw. Altäre errichtet werden, wie uns überhaupt das prophetische Bewußtsein so sehr abhanden gekommen ist, die prohetische Phase: "Noch nicht" "Schon da"!

Lassen Sie mich die herrlichen Texte einmal vorlesen, die der Priester immer betet, wenn er Brot hinhält und Wein. Brot steht im Zeichen unserer völligen Abhängigkeit, unserer Nichtigkeit diese kleine, runde, extrem dünne Scheibe Brot; Wein steht im Zeichen der Sehnsucht. Im Bewußtsein der Nichtigkeit und in der Erwartung des Rufes "Rücke hinauf!" steht der Priester da im Namen der Menschen wie der Gottmensch. Der Gottmensch als Prophet: das ist die Funktion des Priesters bei der Opferbereitung! Brot ist Zeichen der Armut, Wein bewirkt ein Hinübergehen über die Grenze; Wein bewirkt Eros und Wagnis; Wein bewirkt Rausch das sind Andeutungen von Ekstase. Deshalb steht der Wein für die Sehnsucht.

"Heiliger Vater, allmächtiger ewiger Gott, nimm diese makellose Opfergabe gnädig an." Es ist nur Brot, aber es ist schon "makellose Opfergabe" im Zeichen der prophetischen Vorwegnahme. Das ist das "Schon da". "Dir, meinem lebendigen, wahren Gott, bringe ich, Dein unwürdiger Diener, sie dar für meine unzähligen Sünden, Fehler und Nachlässigkeiten." Das ist das "Noch nicht". Das sind Moses und Elias. "Ich opfere sie auf für alle Umstehenden und alle Christgläubigen, für die Lebenden und Entschlafenen. Gib, daß sie mir und ihnen zum Heile gereichen für das ewige Leben." Da nach der Mischung von Wasser und Wein nur der Tropfen Wasser zum Zeichen unserer Vergöttlichung in Wein verwandelt wird, betet der Priester dann: "Wir opfern Dir, Herr, den Kelch des Heiles" das ist die Vorwegnahme, das ist Christus! "und flehen Dich, den Allgütigen, an: Laß ihn uns zum Segen und der ganzen Welt zum Heile wie lieblichen Wohlgeruch vor das Angesicht Deiner göttlichen Majestät emporsteigen." Das ist nicht der Wein in sich, sondern der Wein im Zeichen seiner Bedeutung, seines Über-sich-Hinausweisens. "Laß uns, Herr, im Geiste der Demut und mit zerknirschtem Herzen bei Dir Aufnahme finden." Demut, zerknirschtes Herz: das sind wieder Moses und Elias; Elias unter dem Terebinthenstrauch: "Laß mich sterben, Herr. Ich bin nicht mehr wert als meine Väter." Und "das Vorwegnehmen" ist der Engel: "Steh auf! Iß und trink! Du hast noch einen weiten Weg vor dir!" Wer will nicht schon hier und da aufgeben und sterben. "Komm, Heiligmacher, allmächtiger ewiger Gott und segne dieses Opfer, das Deinem heiligen Namen bereitet ist."

Das sind herrliche Texte, in die man sich versenken sollte. Darum ist wichtig bei der Opferbereitung die Stille, damit der einzelne sich einschaltet und seine Entscheidung fällt. Deshalb war es eine grausige Unsitte durch die Jahrhunderte hindurch, bei der Opferbereitung zu kollektieren. Das wurde so begründet: Zum Zeichen der Hingabe gibt man seinen Obulus. Aber das ist allzu schwach und banal für das, was sich da nun wirklich ereignen soll!

Ebenso: Nicht gleich singen! Ich höre das, nicht wahr, ich wiederhole mich zum x-ten Male, ich höre das aufbegehrende "Wer singt, betet doppelt". Ja aber erst, wenn das Beten da ist! Denn was mit zwei multipliziert werden soll, muß ja erst mal da sein! Wenn kein Gebet da ist, ist das Singen zweimal Null! Und das ist bekanntlich Null - also Unsinn! Es muß zunächst Gebet da sein, und dann wird es durch das Singen multipliziert. Es muß also zunächst das Gebet da sein! Das ist Dein Sich-Einschalten in diese Hingabe, in das Sich-Hinhalten des Priesters. Im übrigen: Wenn das nicht ist, findet keine Wandlung statt, ist sie ungültig!

Es gab mal einen Film vor paar Jahrzehnten: "Der Abtrünnige". Da wird ein Priester geschildert, der abgefallen ist und sich im Haß gegen Christus befindet. Er hat einen jungen Freund, der durch ihn gewonnen ist für den Entschluß, Priester zu werden, und der nun seinerseits den abgefallenen Priester wieder gewinnen, bekehren will. In einer Bar da steckt er den jungen Menschen hin spricht er über ein hohes Glas Wein aus dem Motiv des Hasses und des Hohnes heraus: "Hic est enim calix sanguinis mei das ist der Kelch Meines Blutes." Der junge Mann voller Entsetzen, sein junger Freund, trinkt den Kelch aus. Und die Kapelle versteht es falsch und meint, daß sei eine Probe auf Standfestigkeit, und macht dabei einen Trommelwirbel, einen langen Tusch. Eine sehr spannende Szene aber objektiv falsch! Da wäre nie eine Wandlung geschehen, sonst könnte ich ja jedem Brot, das mir begegnet, und jedem Wein die Wandlungsworte aufsetzen. Das ist unmöglich! Es muß zuvor die Opferbereitung sein, der Wille, daß das Opfer werde. Es muß also die heilige Messe vollzogen werden. Das ist das Entscheidende dabei!

Aber wenn man die heutigen Opfergebete so sieht Das ist eigentlich der größte Hohn, die Opferbereitungsgebete im Novus Ordo; das ist der Triumph der Banalität! "Frucht der Erde und der menschlichen Arbeit": Was hat das mit dem ungeheuren adventlichen, prophetischen Aspekt zu tun? Das gehört zum Reichserntedankfest auf dem Bückeberg unter Walther Darré, dieses "Frucht der Erde und der menschlichen Arbeit" aber nicht hierher! Da sieht man die ganze blasphemische Desavouierung des heiligen Opfers durch die neue Liturgie, mit der wir nichts zu tun haben dürfen, gerade weil sie gültig, gültig sein kann bei richtiger Absicht!

Übrigens: Diese Absicht kann auch aus dem Motiv des Hasses kommen. Wir kennen im Westen weniger den Atheismus im Zeichen des positiven Gotteshasses. Das kennt mehr der Russe als der West-ler. Der West-ler ist Atheist aus Gleichgültigkeit, aus Labrigkeit und seelischer Versuddeltheit heraus. Aber diesen positiven Gotteshaß finden wir mehr in der russischen Seele. Da kann es geschehen, daß jemand aus Gotteshaß möglichst unwürdig zelebrieren will. Da steht dann die Opferbereitung im Zeichen der höhnischen, satanischen Anklage: "Sieh hier das Nichts. Komm" provozierend! "komm und mach das Deine daraus. Ich will es in der schändlichsten Weise Dir bereiten!" Das kann dieser Haß sein.

Wenn das so gemacht wird, mit eigenen Worten in fünf Minuten hingeknallt: Ist das dann gültig? Ja! So gibt Sich Christus dem Menschen in die Hand, dem Priester in die Hand ein schauererregendes Geheimnis!

Darf man daran teilnehmen? Es ist doch gültig. Es ereignet sich doch das Opfer. Selbstverständlich nicht! Denn weiß ich, daß sich Opfer ereignet, ist es ein Sakrileg, und an einem Sakrileg darf man nicht teilnehmen! Man darf bei der Zelebration der Neuen Messe unter Umständen, wenn Klugheit und Liebe es gebieten, dabeisein aber niemals teilnehmen! Ich kann auch dabeisein, wenn mich Verwandte oder gute Bekannte zu einer Konfirmation einladen in der evangelischen Kirche. Da kann ich dabeisein aber nicht teilnehmen! Das ist der Unterschied! Das muß gewußt werden!

Hier ereignet sich die Messe in einer gottgewollten Form nicht in der einzig gottgewollten Form, wie immer gesagt wird, denn es gibt ja auch noch die göttliche Liturgie des hl. Chrysosthomos. Das ist zweifellos auch gottgewollte Form. Aber dies hier ist eine der gottgewollten Formen, in die wir uns einschalten in der adventlichen Hingabe: "Herr, hier bin ich. Ich schaue die ganze Szenerie meiner Armseligkeiten, meiner Nichtigkeiten. Ich habe nichts zu bieten als mein Nichts. Herr, komm! Ich warte auf Deinen Ruf und laß es geschehen. Laß mich schauen Dein heilbringendes Ende in Jerusalem, wo Sion leuchtet, daß wir mit Dir und in Dir hinaufsteigen auf den Berg, und Du bist der Berg." AMEN.

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