Kernthemen Pfarrer Milchs

Das Themenspektrum von Pfarrer Milchs Werk ist gewaltig. Sein Problem bestand nicht darin, genügend Inhalt für seine Vorträge, Predigten oder Briefe zusammenzutragen, sondern in der Notwendigkeit, aus den möglichen Aspekten eines Themas eine Auswahl zu treffen. Und des öfteren bringt er sein Bedauern zum Ausdruck, eine Materie im Zeitrahmen eines Vortrags nur unzureichend anreißen zu können.

Die Themen lassen sich in zwei Gruppen einteilen, zwischen denen die Übergänge oft fließend sind:

  • Zeitgebundene Fragen, die sich durch den Zustand der katholischen Kirche nach dem II. Vatikanischen "Konzil" ergeben. Diese werden nach der Wende, der Rückkehr der Kirche zu ihrer Tradition, von selbst gegenstandslos werden.
  • Zeitlose, überzeitliche Aspekte des katholischen Glaubens, die zu allen Zeiten von Bedeutung sein werden.

Während Pfarrer Milch erstere vorwiegend in seiner Funktion als Lenker der actio spes unica behandelt, stehen letztere im Mittelpunkt seines Amtes als Seelsorger. Dementsprechend befassen sich seine Vorträge und vor allem die spes-unica-Rundbriefe mehrheitlich mit kirchenaktuellen Fragen, die Predigten und Sonntagsbriefe an die Hattersheimer Gemeinde vorrangig mit überzeitlichen Glaubensinhalten.

Überzeitliche Themengebiete

Von den zeitlosen Themen stellen wir im folgenden diejenigen vor, in vielen Reden und Schriften Pfarrer Milchs immer wiederkehren. Dies sind:

Zeitgebundene Problemfragen

Da Pfarrer Milchs Antworten auf die zeitaktuellen Kirchenfragen die die Position der actio spes unica definieren, finden Sie die einführende Texte hierzu im entsprechenden Bereich unserer Homepage.

Von vorrangiger Bedeutung ist Pfarrer Milchs Lagebeurteilung über den Zustand von Kirche und Papstamt, wodurch er sich im Lager der Tradition an die Seite von Erzbischof Lefebvre einreiht.

Für Pfarrer Milch spezifisch sind folgende Aspekte, die auch immer wieder Bestandteil seiner Vorträge und Schriften sind:

  • Die Einschätzung, daß das II Vatikanum ein nicht verwirklichtes Konzil war, weil es nicht die an ein Konzil gestellten Aufgaben erfüllte. Diese Erkenntnis setzt sich bei Pfarrer Milch ungefähr 1981 durch – er war damit der erste, der innerhalb der Tradition diesen Standpunkt vertrat.
  • Die Forschung nach den Ursachen, die es ermöglichten, die derart offensichtlich dem katholischen Glauben widersprechenden nachkonziliaren Änderungen bei hunderten von Millionen Gläubigen ohne nennenswerte Widerstände durchzusetzen – nach Pfarrer Milchs Auffassung die Folge einer jahrhundertelangen gravierenden Vernachlässigung der Seelsorge.
> Einführende Texte zur Position der actio spes unica  (www.spes-unica.de/actio/hintergrund.php)
> Zur Haltung gegenüber dem Papst  (www.spes-unica.de/actio/hintergrund.php?thema=papst)
TEXT Das II. Vatikanum als Nicht-Konzil (Rundbrief 7.2.85)
TEXT Die geistige Vernachlässigung der Seelsorge (Rundbrief 15.1.79)

Die Herausrufung des Einzelnen

Christus meint DICH.
Er ist in dir, er will nichts von dir, sondern er will DICH.
Und er will nicht "auch dich", sondern er will ungeteilt nur DICH, den je Einzelnen.

Mit diesen Worten, die aus mehreren Zitaten Pfarrer Milchs zusammengesetzt sind, läßt sich derjenige Aspekt zusammenfassen, der praktisch alle seine Werke durchdringt: Christus ist für den je Einzelnen, für DICH, am Kreuz gestorben. Diese unbedingte Liebe fordert die Entscheidung, sich aus den Verflechtungen der Welt herausrufen zu lassen und sich Christus hinzugeben – zu tun, was Er will.

Diese Entscheidung kann nur vom je Einzelnen getroffen werden. Für viele ist es aber unbequem, dieses Angebot des Gottmenschen anzunehmen – sie ziehen eine Unverbindlichkeit vor, die ihnen erlaubt, den Schein eines grundsätzlichen Eigenrechts aufrecht zu erhalten, und verstecken sich deshalb vor dieser Entscheidung gerne in einem Kollektiv.

"Das versuche ich schon den kleinen Kindern beizubringen: 'Für wen hat Er's getan?' – 'Für uns!' – 'Stimmt. Sag's noch einmal richtiger!' – 'Für mich.' – 'Aha!' —
Für mich! In einem Kollektiv, in einem 'Wir' kann ich mich so schön verstecken.
Nein – ungeschützt, auf freier Plaine, gehört dir der ganze ungeteilte Umfang des gottmenschlichen Unternehmens, und Er hätte alles getan, wenn es nur dich als einzigen Menschen gäbe.
DU ganz allein – barhäuptig, ungeschützt – bist diesem Angebot ausgesetzt: JA oder NEIN. — Dieses Feuer der Unbedingtheit muß in dir lodern!"

Die andauernde Betonung der Bedeutung des Einzelnen und das Verurteilen des "gemeinschaftlichen Miteinanders" mag bisweilen übertrieben wirken.

Pfarrer Milch stellt aber wiederholt klar, daß er nicht gegen die Gemeinschaft ist, die sich aus dem Zusammenkommen der Einzelnen unter Wahrung ihrer Souveränität ergibt, sondern gegen die Einstellung ankämpft, Gemeinschaft als Wert in sich zu betrachten ("möchten Sie nicht auch in unserer schönen Gemeinschaft mitwirken?").

Zudem kann der Wert des Einzelnen angesichts der in der modernen Gesellschaft grassierenden Tendenz zur Vermassung, den persönlichkeitsvernichtenden kollektivistischen Weltanschauungen, der verbreiteten Denkart "nur gemeinsam sind wir stark", die das Individuum zu einem Rädchen im Getriebe degradieren, in der heutigen Zeit gar nicht oft genug hervorgehoben werden – insbesondere da dieses antichristliche Gedankengut in fürchterlichem Ausmaß auch Einzug in den Innenraum der katholischen Kirche gehalten hat.

"Er meint mich. Und alles, was Er tut, gehört ganz dir und ganz mir, jeweils ungeteilt. Seine Gnade verteilt sich nicht auf die Menschen, so daß jeder davon etwas abbekäme. Das ist eine völlig falsche Vorstellung, ein Zahlendenken.
Alles gehört dir, als wärest du allein auf der Welt, und der Einzelne ist von unendlichem Wert. – Aus sich selber nichts, aber was für ein Nichts! Ein Nichts, in das GOTT hineinfallen kann und will, ein gottesfähiges, gottbares Nichts."
! Vorträge zum Thema "Einzelner"
! Vorträge zum Thema "Herausrufung"
TEXT Predigt zum 3. Sonntag nach Pfingsten 1985
TEXT Predigt zum 6. Sonntag nach Epiphanie 1984
CD Predigt zum 4. Sonntag nach Pfingsten 1985  (Bestellnr.: ZYK.22)
CD Die Frau am Jakobsbrunnen (1983)  (Bestellnr.: 1983.JAKOBSBRUNNEN)
TEXT Sonntagsbrief vom 21. März 1976
TEXT Sonntagsbrief vom 11. April 1976
TEXT Sonntagsbrief vom 25. März 1982

Der Kampf gegen den Pharisäer in dir

Wer sonntags regelmäßig die Heilige Messe besucht, noch dazu oftmals weite Wege für eine tridentinische Messe in Kauf nimmt, ist üblicherweise nicht für einen moralisch anstößigen Lebenswandel anfällig.

Eher neigt er dazu, sich einerseits für jemand Besseres zu halten und sich herablassend oder geringschätzend über andere oder gar moralisch "gefallene" Menschen zu äußern. Und andererseits läuft er beständig Gefahr, dem Wahn zu verfallen, durch das Ableisten von Gebeten und dem Sammeln von Verdiensten seine Pflicht zu erfüllen und damit aus eigener Kraft vor Gott bestehen zu können.

Mit anderen Worten: Er neigt dazu, ein Pharisäer zu werden.

"In jedem von uns steckt der Pharisäer. Machen wir uns gar nichts vor."

Gerade aber die Pharisäer und ihren Hochmut bekämpft Christus mit den schärfsten Worten, während er sich vorbehaltlos mit den letzten Sündern, Dirnen, Ehebrecherinnen und Zöllnern einläßt – sehr zum Unmut der moralischen Elite.

Diesem Vorbild entsprechend predigt Pfarrer Milch unablässig gegen die Moral als Selbstzweck, das Verhaltensweisen vergleichende In-die-Waagerechte-schauen.

"Die 'Frömmigkeit' vieler besteht darin, daß sie Leistungen häufen wollen, um mit schwerem Gepäck einmal vor Gott anzulangen: 'Hier, was sagst Du jetzt, Herrgott? Ich habe doch viel vorzuweisen. Mehr als die anderen!' Das sind die, die in der Waagrechten befangen sind, nach rechts und links, nach vorne und hinten schauen und ihre Leistungen mit den Leistungen anderer vergleichen.
Und das ist sehr gefährlich. Allzu viele, die dort, wo man etwas leicht nehmen soll, wahnsinnig ängstlich sind, sind mit Hinblick auf den Pharisäismus von einem atemberaubenden Leichtsinn. Sie merken gar nicht, wie sie sich selbst auf der Rutschbahn zum Pharisäismus befinden, weil sie schon anfangen aufzuzählen und Leistungen zu sammeln.
Sie kreisen um das, was sie selber tun oder lassen. Sie haben sich eine Übung vorgenommen, und sie achten nur auf die Übung als solche, machen sie zum Selbstzweck – flugs ist sie Selbstzweck und nicht mehr Mittel zum Zweck: Ausgangspunkt hinzuschauen. Und das, worauf hinzuschauen ist, das ist das Entscheidende, nicht die Übung, sondern Der, Dessen ich ansichtig werde und Der dadurch in mich eindringt, so daß ich von Ihm besessen, beseligt, eingenommen bin."

Liebe kennt kein Genug – der Todfeind Gewöhnung

Durch regelmäßigen Kirchgang, durch die jedes Jahr wiederkehrenden Kirchenfeste, die sich wiederholenden Meßtexte besteht die Gefahr, sich an das Ereignis zu gewöhnen, auf das die Riten ausgerichtet sind und demgegenüber keine Gleichgültigkeit zulässig ist: GOTT wird Mensch und stirbt am Schandgalgen für DICH.

"Es gibt den Todfeind, der alle Sünden gebären kann, und der in sich die schwerste Sünde automatisch hervorbringt, die schwerste Sünde, die in der Gleichgültigkeit besteht. Und dieser Todfeind heißt: Gewöhnung. —
Es steht über allem, was man hört, das Wort: 'Wir wissen es ja!' – und das ist tödlich.
Und das bedrängt dich und bedrängt mich: Die todfeindliche Gewöhnung."

Es ist diese Gewöhnung, die den wahren Glauben im Menschen verhindert, seine Hörseligkeit und Fähigkeit zum Staunen vernichtet und ihn daran hindert, zu werden wie die Kinder, die nicht dumm bleiben, sondern immer mehr lernen und groß werden wollen.

"Weder du noch ich glauben so richtig – von der Liebe ganz zu schweigen. Wir wollen glauben, ganz im Ernst – aber doch nicht so ganz. Wir wollen es wirklich – aber eben doch nur fast, und deshalb dann doch gar nicht.
Das schlimmste, was dir passieren könnte, ist, wenn du meinst, du glaubtest. Deine einzige Chance besteht in dem Gebet 'Herr, ich glaube – hilf meinem Unglauben!'. Bilde dir doch nicht ein, du würdest glauben! Damit blockierst du ja deinen Glauben. Der Glaube wie die Liebe kennen kein Genug!"

Auch viele traditionstreue Katholiken neigen dazu, sich mit ihrer Situation abzufinden: Daß sie, wenn auch manchmal mit einem etwas größeren Aufwand, jeden Sonntag eine tridentinische Messe besuchen können.

"Es ist viel zu viel Genug in unserer Mitte, in dir und in mir. Viel zu viel Selbstgenügsamkeit, eingefahrene Geleise, alter Trott. Es gibt auch viele, die bestehen geradezu mit Verbissenheit auf ihrem Trott und meinen, der alte Trott sei der Inbegriff der Rechtgläubigkeit, der Inbegriff des Bekenntnisses zur Tradition. —
Viele leiden zu wenig – das liegt auch am Genug: 'Na, wir haben ja unsere Heilige Messe!' – wie oft höre ich das. Da ist es schwer, höflich zu bleiben.
Daß dem an der Messe als solcher wirklich liegt, bezweifle ich mit allem Nachdruck. Der will nur seine alte gewohnte Gemütlichkeit, seine Behaglichkeit im Gewohnten."

Sie leiden nicht wirklich unter der desolaten Lage der Kirche, sondern sehen lieber gemütlich zu, wie die anderen in ihr Unheil laufen darauf wartend, daß der Heilige Geist die Probleme schon richten wird.

"Hört sich so gut an: 'Nur nicht kämpfen, der Heilige Geist wird es schon richten!' –
Er wird gar nichts richten. Wo ist er denn, der Heilige Geist? Irgendwo in den Wolken? Oder auf Haiti, um von da aus seine Disposition zu treffen? Wo ist er denn?
Er ist in dir, um durch dich, IN DIR, zu wirken. "