Liebe kennt kein Genug – der Todfeind Gewöhnung

Durch regelmäßigen Kirchgang, durch die jedes Jahr wiederkehrenden Kirchenfeste, die sich wiederholenden Meßtexte besteht die Gefahr, sich an das Ereignis zu gewöhnen, auf das die Riten ausgerichtet sind und demgegenüber keine Gleichgültigkeit zulässig ist: GOTT wird Mensch und stirbt am Schandgalgen für DICH.

"Es gibt den Todfeind, der alle Sünden gebären kann, und der in sich die schwerste Sünde automatisch hervorbringt, die schwerste Sünde, die in der Gleichgültigkeit besteht. Und dieser Todfeind heißt: Gewöhnung. —
Es steht über allem, was man hört, das Wort: 'Wir wissen es ja!' – und das ist tödlich.
Und das bedrängt dich und bedrängt mich: Die todfeindliche Gewöhnung."

Es ist diese Gewöhnung, die den wahren Glauben im Menschen verhindert, seine Hörseligkeit und Fähigkeit zum Staunen vernichtet und ihn daran hindert, zu werden wie die Kinder, die nicht dumm bleiben, sondern immer mehr lernen und groß werden wollen.

"Weder du noch ich glauben so richtig – von der Liebe ganz zu schweigen. Wir wollen glauben, ganz im Ernst – aber doch nicht so ganz. Wir wollen es wirklich – aber eben doch nur fast, und deshalb dann doch gar nicht.
Das schlimmste, was dir passieren könnte, ist, wenn du meinst, du glaubtest. Deine einzige Chance besteht in dem Gebet 'Herr, ich glaube – hilf meinem Unglauben!'. Bilde dir doch nicht ein, du würdest glauben! Damit blockierst du ja deinen Glauben. Der Glaube wie die Liebe kennen kein Genug!"

Auch viele traditionstreue Katholiken neigen dazu, sich mit ihrer Situation abzufinden: Daß sie, wenn auch manchmal mit einem etwas größeren Aufwand, jeden Sonntag eine tridentinische Messe besuchen können.

"Es ist viel zu viel Genug in unserer Mitte, in dir und in mir. Viel zu viel Selbstgenügsamkeit, eingefahrene Geleise, alter Trott. Es gibt auch viele, die bestehen geradezu mit Verbissenheit auf ihrem Trott und meinen, der alte Trott sei der Inbegriff der Rechtgläubigkeit, der Inbegriff des Bekenntnisses zur Tradition. —
Viele leiden zu wenig – das liegt auch am Genug: 'Na, wir haben ja unsere Heilige Messe!' – wie oft höre ich das. Da ist es schwer, höflich zu bleiben.
Daß dem an der Messe als solcher wirklich liegt, bezweifle ich mit allem Nachdruck. Der will nur seine alte gewohnte Gemütlichkeit, seine Behaglichkeit im Gewohnten."

Sie leiden nicht wirklich unter der desolaten Lage der Kirche, sondern sehen lieber gemütlich zu, wie die anderen in ihr Unheil laufen darauf wartend, daß der Heilige Geist die Probleme schon richten wird.

"Hört sich so gut an: 'Nur nicht kämpfen, der Heilige Geist wird es schon richten!' –
Er wird gar nichts richten. Wo ist er denn, der Heilige Geist? Irgendwo in den Wolken? Oder auf Haiti, um von da aus seine Disposition zu treffen? Wo ist er denn?
Er ist in dir, um durch dich, IN DIR, zu wirken. "
! Vorträge zum Thema "Gewöhnung"
CD Predigt zum Sonntag Quinquagesima 1984  (Bestellnr.: ZYK.10)
CD Predigt zu Allerheiligen 1984  (Bestellnr.: ZYK.34)
CD Predigt zum Palmsonntag 1985  (Bestellnr.: ZYK.13)
CD Predigt zum 2. Sonntag nach Ostern 1985  (Bestellnr.: ZYK.16)
TEXT Rundbrief vom 21. Oktober 1983
TEXT Rundbrief vom 20. September 1984